LGBTIQ+ Beratung erhält eine digitale Bühne

Dass Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, ist längst gelebte Praxis. LGBTIQ+ Themen sind in der Werbegestaltung kein Tabu mehr, sondern vielfach gelebte Normalität. Doch gerade im digitalen Raum bleibt es eine Herausforderung, soziale Initiativen glaubwürdig und wirkungsvoll umzusetzen – und dabei die richtige Plattform zu wählen.

Mit dem „RosaLilaLand“, einer virtuellen Beratungsstelle auf Roblox, haben die Wiener Städtische Versicherung und die Kreativagentur Demner, Merlicek & Bergmann (DMB) einen digitalen Raum geschaffen, der Jugendlichen gezielte Unterstützung bieten soll. Die Kampagne steht unter dem Claim: „Der Ort, an dem queere Jugendliche über alles reden können“. Ein mutiger Schritt – nicht wegen des Themas selbst, sondern wegen der Wahl des Kommunikationskanals.

Warum Roblox?

Roblox ist weit mehr als ein Spiel – es ist eine Plattform mit Millionen von individuell gestalteten digitalen Welten. Besonders bei Jugendlichen ist sie beliebt, was sie zu einem attraktiven Ort für Marken und soziale Initiativen macht.

Die Wahl auf Roblox ist aus Marketingsicht clever, denn sie erreicht direkt die junge Zielgruppe. Doch sie bringt auch eine besondere Verantwortung mit sich. Da die Plattform weitgehend anonym funktioniert, ist nicht überprüfbar, wer tatsächlich als Berater auftritt. Während davon ausgegangen werden kann, dass Erwachsene das Angebot betreuen, bleibt in einem offenen digitalen Umfeld die Möglichkeit bestehen, dass auch minderjährige Jugendliche eine beratende Rolle übernehmen oder in den Beratungsraum lotsen.

Sicherer Raum oder offene Plattform?

Die RosaLila PantherInnen präsentieren das RosaLilaLand als geschützten Raum, in dem Jugendliche Unterstützung zu Fragen rund um Sexualität, Identität und queere Lebensrealitäten erhalten. Das Beratungsangebot ist klar strukturiert und zu festen Zeiten mit qualifizierten Beratern besetzt.

Gleichzeitig bleibt Roblox eine offene Plattform, auf der Nutzer in verschiedenen Welten interagieren können. Roblox bietet zwar Kontrollfunktionen für Eltern, dennoch sollten sich Erziehungsberechtigte aktiv mit den digitalen Aktivitäten ihrer Kinder auseinandersetzen. Die Plattform ermöglicht vielfältige Interaktionen – von geschützten Räumen bis hin zu offenen Gruppen-Chats. Gerade Letztere erfordern besondere Aufmerksamkeit.

Die Initiative betont die Sicherheit des Beratungsraums – doch Erziehungsberechtigte sollten sich bewusst machen, dass keine Plattform vollständigen Schutz garantiert. Eine klare Trennung zwischen professioneller Beratung und ungefiltertem Austausch wäre essenziell. Strenge Richtlinien und klare Grenzen sind notwendig, um das Vertrauen der Jugendlichen nicht nur zu gewinnen, sondern auch zu schützen. Der betreibende Verein steht dafür gerade.

Ein mutiges Zeichen

Ob sich Roblox als langfristig tragfähiger Beratungsraum bewährt, bleibt abzuwarten. Die notwendige Anonymität macht eine verlässliche Evaluierung schwer. Die digitale Transformation von Hilfsangeboten ist ein spannendes Feld – und das RosaLilaLand ein innovativer Versuch, dort Unterstützung anzubieten, wo sich Jugendliche tatsächlich aufhalten.

Dass sich eine Versicherung und eine führende Kreativagentur in diesem Bereich engagieren, zeigt, dass Werbung heute mehr kann als nur verkaufen. Während manche Unternehmen heikle Themen meiden, setzen die Wiener Städtische und DMB bewusst auf gesellschaftliche Verantwortung – und gehen dahin, wo klassische Beratung oft schwer zugänglich ist.

Der Erfolg dieser Initiative wird daran gemessen werden, ob sie von den Jugendlichen angenommen wird und ob das digitale Beratungsformat auf einer Plattform wie Roblox langfristig funktioniert. Kritische Fragen müssen gestellt werden, doch fest steht: Hier wird Markenkommunikation als soziale Verantwortung verstanden – und das ist selten geworden.

(PA/red)