Was Sponsoren auf der Brust wirklich wert sind
Anlässlich der millionenschweren Vertragsverlängerung des FC Bayern mit Hauptsponsor Deutsche Telekom.

Wenn Fußballer auflaufen, tragen sie weit mehr als das Vereinswappen auf der Brust. Wer ein Trikot sponsert, kauft sich nicht nur in ein Spiel ein – sondern in einen Millionenmarkt mit Sendezeit, Storytelling und Stadionatmosphäre. Für Vereine ist das Trikot zur wichtigsten Werbefläche geworden. Und für Unternehmen eine Eintrittskarte in das wohl emotionalste Umfeld, das es in der Markenkommunikation gibt.
Millionen für ein Platzerl am Leiberl
Beim FC Bayern München bringt das Sponsoring durch die Telekom derzeit 50 Millionen Euro pro Saison ein – mit steigender Tendenz. Emirates bot zuletzt kolportierte 65 Millionen jährlich, unterlag aber. Auch Borussia Dortmund (Evonik, Puma) und RB Leipzig (Red Bull) erzielen zweistellige Millionenbeträge für ihre Trikotwerbung. Insgesamt generiert die deutsche Bundesliga jährlich über 250 Millionen Euro allein durch Brustsponsoren – dazu kommen Ärmel-Deals, Ausrüsterverträge und Bandenwerbung.
In Österreich sind die Summen kleiner, aber das Prinzip ist identisch. Red Bull Salzburg führt die Liga mit rund 18 Millionen Euro jährlicher Sponsoringleistung an – ein Großteil davon firmeneigen. Austria Wien, Rapid Wien, Sturm Graz oder der LASK erzielen Sponsoringeinnahmen im mittleren einstelligen Millionenbereich, wobei das Trikot stets als Premiumfläche gilt.
Exakte Beträge werden von Sponsoren selten veröffentlicht. Auch nicht auf Nachfrage. Die kolportierten Summen basieren auf Brancheninformationen und Marktbeobachtungen. Sie beziehen sich nicht nur auf das Trikot der Kampfmannschaft, sondern inkludieren oft auch Nachwuchsarbeit, Medienrechte oder infrastrukturelle Leistungen.

Sichtbarkeit am Big Screen
Brustsponsoring ist die effektivste Werbeform. Sie lohnt sich nicht bloß wegen der Stadionbesucher – sondern vor allem wegen der TV-Kameras. Jede Spielszene, Wiederholung, jedes Interview verlängert die Reichweite. Besonders auffällig ist das bei Interviews nach dem Spiel: Spieler stehen vor Logowänden, Trainer tragen Anzüge mit Sponsornadeln, und selbst Funktionäre erscheinen im TV stets in perfekt gebrandeter Oberbekleidung.
Im Skisport – traditionell eine starke TV-Säule des ORF – ist die Inszenierung ebenso deutlich. Neben Helmen, Anoraks und Skiern sind es oft auch die Trainerjacken und offiziellen Westen, die Logos von Banken, Versicherungen oder Skimarken tragen. Der Österreichische Skiverband hat ein Sponsorenportfolio, das an professionelle Fußballvereine erinnert – inklusive abgestufter Rechte für unterschiedliche Körperzonen, Medienauftritte und Interviewsettings.
TV und Werbung in Symbiose
Sportberichterstattung ist untrennbar mit kommerziellen Interessen verknüpft. Besonders sichtbar wird das bei Pay-TV-Diensten wie Sky oder Dazn, die sich mit hohem Kapitaleinsatz exklusive Übertragungsrechte für die Bundesliga sichern. Hier fließt viel Geld – sowohl seitens der Rechteinhaber als auch durch die Zuschauer, die monatliche Gebühren zahlen. Für Sponsoren sind diese Plattformen besonders attraktiv: Sie bieten hochauflösende Übertragungen, zahlreiche Wiederholungen, eigene Studioformate – und damit maximale Sichtbarkeit für Markenlogos auf Trikots, Banden oder auf der Logo-Wall.

Anders liegt der Fall beim öffentlich-rechtlichen ORF. Hier ist der Zugang frei – finanziert über Haushaltsabgaben, nicht über Nutzerkonten. ORF und Sport+ zeigen flächendeckend fast alles. Vor allem den alpinen Skisport mit ÖSV-Beteiligung, Länderspiele des österreichischen Nationalteams sowie ausgewählte Spiele der Fußball-Bundesliga. Daneben auch werbewirksame Großereignisse wie die Formel 1, ATP-Turniere wie in Kitzbühel oder Breitensportklassiker wie den Wien-Marathon.
Dabei wird nichts dem Zufall überlassen: Für TV-Übertragungen werden eigene Interview-Zonen mit gebrandeten Backdrops aufgebaut, die ausschließlich dazu dienen, in der Kameraachse zu liegen. Sponsorenplatzierungen werden präzise positioniert, Logos sorgfältig ausgerichtet – der Sportrahmen wird zur Bildregie der Werbewirtschaft.
Technologie als Werbeträger
In den großen Stadien ist moderne Technologie längst angekommen und Teil des Spiels. Digitale LED-Banden reagieren inzwischen dynamisch auf Spielunterbrechungen, Wiederholungen oder Torjubel und wechseln dabei gezielt die Inhalte – teils sogar abgestimmt auf die Kameraführung. In internationalen Topligen kommen bereits Systeme zum Einsatz, bei denen je nach TV-Ausspielung unterschiedliche Werbung eingeblendet wird – etwa regional angepasst für Märkte in Asien, Nordamerika oder Europa. Noch steckt diese Technologie in den Kinderschuhen, doch der Trend ist klar: Die Werbebotschaft passt sich dem Zuschauer an.
Wer Rechte hat, gewinnt
Privat-TV-Anbieter wie ATV oder Puls 4, die keine eigenen Live-Rechte an der Bundesliga, internationalen Ligen oder ÖSV-Events halten, stehen im Sportbereich strukturell zurück. Ihre Berichterstattung beschränkt sich auf Nachrichtenbeiträge oder Highlight-Segmente – oft mit Bildmaterial aus fremden Quellen und Sponsorenlogos, an denen sie wirtschaftlich nicht direkt beteiligt sind. Diesbezüglich bleiben kleinere Medienhäuser wirtschaftlich außen vor, doch profitieren sie mitunter über redaktionelle Nähe, Cross-Promotion oder Werbebuchungen – ohne formale Teilhabe an den Sponsoringrechten.
Eine Sonderrolle nimmt ServusTV ein: Der zum Red Bull Media House gehörende Sender hat sich in den vergangenen Jahren gezielt sportliche Rechte gesichert – darunter die Formel 1, die er sich mit dem ORF bis 2026 teilt, sowie exklusive Live-Rechte an Fußball-Großereignissen. Hier war ServusTV in einzelnen Übertragungen nicht nur konkurrenzfähig, sondern übertraf den öffentlich-rechtlichen Mitbewerber sogar bei den Marktanteilen.
Marken in Bewegung
Große Logos auf der Brust für große Budgets und große Mannschaften – das ergibt ein konsistentes Bild. Doch auch kleinere Clubs und ihre Sponsoren wollen nicht zurückstehen. Was früher ein dezenter Hinweis auf einen Unterstützer war, ist heute eine visuelle Überfrachtung: Trikots, Helme, Jacken – selbst die Interviewkulisse gerät zur mobilen Werbetafel. Gerade im Regionalsport verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Corporate Design und sportlicher Identität. Die Werbefläche wächst, der Blick auf die Athletinnen und Athleten schrumpft.
Für Topklubs und Spitzenverbände mag das Spiel aufgehen – mit professioneller Medieninszenierung, durchdachter Partnerlogik und kalkulierter Symbolik. Doch wer weiter unten ansetzt, muss auf engem Raum dieselbe Werbewucht unterbringen.
(red)