MFE legt zu – Pro7Sat.1 PULS 4 unter Zugzwang
Während ProSiebenSat.1 in Österreich neue Formate vorbereitet und hofft, präsentiert MFE steigende Gewinne.
Der italienische Medienkonzern Media for Europe (MFE) präsentiert für die ersten drei Quartale 2025 einen deutlichen Gewinnanstieg. Der Nettogewinn stieg laut einer Aussendung von 96 Mio. auf 243 Mio. Euro, während Umsatz und EBIT rückläufig waren. Das operative Ergebnis sank auf 61 Mio. Euro – bedingt durch geringere Margen am spanischen Markt. Für MFE markiert der Gewinnsprung dennoch einen wichtigen Zeitpunkt: Seit dem Überschreiten der 75-Prozent-Schwelle kontrolliert Pier Silvio Berlusconi ProSiebenSat.1 nun direkt.
Führungsetage in München neu besetzt
Mit der Mehrheitsübernahme setzt MFE die angekündigte Neuausrichtung rasch um. Marco Giordani, langjähriger Finanzchef von MFE, übernimmt als neuer CEO die Konzernleitung in Unterföhring. Sein Vorgänger Bert Habets scheidet aus und bleibt bis Jahresende beratend tätig. Den Finanzbereich verantwortet vorübergehend Bob Rajan, der auf Martin Mildner folgt.
Einen weiteren Einschnitt betrifft die österreichisch geprägte Konzernspitze: Markus Breitenecker, seit 2024 Chief Operating Officer von ProSiebenSat.1 und jahrzehntelang prägende Figur des österreichischen Privatfernsehens, musste den Konzern mit sofortiger Wirkung verlassen. Seine Position wird nicht nachbesetzt – ein Signal, das innerhalb der Gruppe klar auf Übergangskurs gedeutet wird.
Österreich im Spannungsfeld
Für die österreichische Sendergruppe mit Puls 4, ATV, Puls 24, ATV2 und der Plattform Joyn bedeutet der Abgang Breiteneckers einen tiefen Einschnitt. Unter seiner Führung waren Puls 4, ATV und Puls 24 zum stärksten privaten Nachrichten- und Infosegment des Landes ausgebaut worden. Gleichzeitig wirken wirtschaftliche Belastungsfaktoren: rückläufige Werbeerträge, ein intensiver Wettbewerb mit ServusTV und das defizitäre Streamingprojekt Joyn im deutschen Kernmarkt.
Insider rechnen mit einem straffen Sparkurs, der künftig auch die österreichische Struktur betreffen könnte. Umso deutlicher formulierten ATV, Puls 4 und Puls 24 zuletzt ihren Anspruch auf redaktionelle Unabhängigkeit.
Milborn sichert journalistische Linie zu
Informationsdirektorin Corinna Milborn, die nun im Zentrum der österreichischen Organisation steht, bekräftigte in einer gemeinsamen Erklärung aller Informationsredaktionen, dass es „unter verschiedensten Eigentümern noch nie den geringsten Versuch gegeben hat, Einfluss auf die Redaktion zu nehmen – und wir hätten das auch nicht zugelassen“. Auch der neue Konzernchef habe bestätigt, dass lokale Nachrichten und Inhalte strategisch Vorrang haben.
Für die Wiener Teams, die seit Jahren Stabilität gewohnt waren, ist die Botschaft klar: Eigenständigkeit bleibt Anspruch – auch wenn der Konzern europaweit Synergien sucht.
Neue Formate als österreichische Antwort
Parallel zur Neuaufstellung arbeitet die österreichische Tochter an einem sichtbaren Signal in eigener Sache. In den vergangenen Wochen wurde ein Paket neuer Programme entwickelt, das am Mittwoch in Wien vor Kunden vorgestellt wurde. Dazu zählen mehrere eigenproduzierte Info- und Unterhaltungstitel, die PULS 4 und ATV 2026 verstärkt im Hauptabend verankern wollen.
(red)
