MUSKelspiel
Ekaterina und Christian W. Mucha berichten von den Cannes Lions.
Soeben haben wir das Palais des Festivals verlassen. Und uns den Auftritt der spannendsten Persönlichkeit bei Cannes Lions 2024 gegeben: Elon Musk hatte seinen Auftritt und erzählte über Tesla, SpaceX, Neuralink, The Boring Company, Computerspiele, Weltraumforschung und was er mit dem vielen Geld so alles macht. Und er verrät, wie und vor allem wie schnell KI die Welt verändern wird.
Es war ein unglaubliches Gedränge. Und eine Schlange, die wohl kilometerlang war. Schon ab 10:00 Uhr Früh versammelte sich der Großteil der rund 7.000 Besucher bei den Cannes Lions, um ihn zu hören: Musk, der vermutlich reichste Mann der Welt, elffacher Vater, Computerfreak, spielsüchtig, vom Vater geschlagen und mit einer Weltkarriere ausgestattet, die ihresgleichen sucht.
Der in Südafrika geborene und dann im Silicon Valley Karriere machende Multimanager und Nachdenker braucht eine Weile, bis er auftaut.
Und nein, ein guter Redner ist Musk nicht. Rhetorisch stinkt er gegen sein Gegenüber, WPP-Chef Mark Read, eher ab. Er zögert lang, legt Pausen ein, stammelt bisweilen und ja – man spürt, dass da irgendetwas mit ihm nicht ganz in Ordnung ist. Wer seine Vita genauer gelesen hat, weiß, was das ist: Das Asperger-Syndrom.
Mit der ersten Frage fährt ihm der Moderator gleich einmal mit dem Stellwagen ins Gesicht. Warum er letztes Jahr alle und vor allem die Werber mit „F**k dich selbst“ so massiv beschimpft und attackiert hat. Musk erscheint kurz angeschlagen, geschockt. Denn damit hat er nicht gerechnet, dass ihm hier kein „Herzlich Willkommen“ bereitet wird, sondern man ihn gleich einmal zur Begrüßung attackiert. Seine Kritik habe sich nicht gegen alle Werber gerichtet. Sondern das sei selektiv gewesen. „Es ist wichtig, eine globale Plattform für freie Meinungsäußerung zu haben, auf der Menschen mit einer breiten Palette von Meinungen ihre Ansichten äußern können. In einigen Fällen gab es Werbekunden, die auf Zensur bestanden.“ In der Vergangenheit habe es eine viel zu schwache Fokussierung gegeben. Kein Konzept, keine Strategie, keine Klarheit und vor allem eines nicht: die Kraft der freien Rede. Und dafür wolle er sorgen. Und – ohne, dass er das ausspricht – damit wolle man ja wohl auch für die Werber attraktiv sein. Denn die haben scharenweise X verlassen. Und genau das dürfte der Grund sein, der ihn dazu bewog, in Cannes diesen interessanten und unerwarteten Auftritt zu starten. Musk konkretisiert: „Natürlich haben Werbetreibende das Recht, neben Inhalten zu erscheinen, die sie mit ihren Marken für kompatibel halten. Das ist völlig in Ordnung. Was nicht in Ordnung ist, ist zu verlangen, dass es keine Inhalte gibt, mit denen sie nicht einverstanden sind.“
In der Folge taut Musk immer mehr auf. Zuerst verschlossen, introvertiert, gelegentlich über die eigenen Witze lachend, begreift man: hier ist einer, der mit unvorstellbarer Intelligenz, mit Logik und mit der Gabe der Analyse ausgestattet ist. Musk: „Ich habe viel zu viele Ideen. Die müssen das dann umsetzen, was mir einfällt.“
Künstliche Intelligenz
Es sei die beste und die spannendste aller Zeiten, in der wir leben. Und: KI werde diese Welt in unvorstellbarer Geschwindigkeit verändern. Der Moderator hackt nach: „Wann? In einem Jahr? In fünf Jahren? In zehn Jahren?“ Musk: „Dieses und nächstes Jahr.“ Ein Raunen geht durchs Publikum.
Die KI sei die ganz große Chance, aber auch eine gewaltige Gefahr. Musk: „Wenn die KI alles schneller kann als wir und alles besser löst als wir, wozu sollten wir dann noch etwas tun?“ Das Publikum ist beeindruckt. Aber er sieht auch dunkle Seiten. Das Glas, so meint er, ist zu 80 Prozent voll. Es ginge nur darum, die KI daran zu hindern, zu lügen. Und es ginge um das Thema „Wahrhaftigkeit“. Die Roboter werden, so meint er, unsere Zukunft bestimmen. Und die KI ihren positiven Einfluss haben. Wenn wir es nur richtig anlegen. Er sagt, wenn es zwei Unternehmen gibt, die gegeneinander antreten und eines bedient sich der KI effizient und das andere der KI ineffizient, dann werden die mit der effizienten KI das Match gewinnen. Ob die KI auch miteinander kommunizieren kann, logisch miteinander kommunizieren kann, miteinander reden kann und losgelöst intellektuell miteinander umgehen kann? Musk: „Ja, davon bin ich überzeugt.“
Seine Rede wird im Verlauf der Diskussion immer fließender. Man sieht, wie er erfüllt ist von seiner Mission. Speziell, wenn es um die Entdeckung des Weltraums geht. SpaceX sei für ihn die Zukunft. Es sei ein Link in die Weiten des Alls. Herauszufinden, ob es da noch andere Intelligenz gäbe, andere Sonnensysteme zu erreichen, andere Planeten zu erreichen. Musk philosophisch: „Wenn es darum geht, die richtigen Fragen zu stellen und die richtigen Antworten zu finden, dann ist es das viel Schwierigere, draufzukommen, welche Fragen wir stellen müssen. Die Antworten sind dann viel leichter.“
Der Sohn und die Medien
Er berichtet viel über seinen Sohn. Über Medien. Eine Zeitung, so meint er, würde das, was gestern passiert ist, berichten. Die KI könnte das gesamte Wissen der Menschheit bringen und die besseren Antworten geben. Musk zusammenfassend: „Wenn die KI die Fragen und die Erläuterungen und das Recherchieren besser ermöglicht als alle anderen, dann haben Google und die anderen Suchmaschinen eigentlich à la longue schon verloren.“
Sein Sohn hätte ihm die Frage gestellt, als er eine Zeitung gesehen hätte, warum da das heutige Datum draufstünde und woher die das Datum wüssten? Sein Vater: „Nun, wir wissen das Datum schon.“ Der Sohn: „Aber wieso schreiben sie ein Datum drauf?“ Musk: „Die bringen das jeden Tag heraus.“ Der Sohn: „Was für eine Vergeudung.“ Er kann also auch durchaus witzig sein, der Multimilliardär.
Am Schluss gibt es dann auch die Möglichkeit, aus dem Publikum ein paar Fragen zu stellen. Ein Journalist von rechts versucht das. Journalisten dürfen keine Fragen stellen. Es sollten die Mitglieder des Cannes Festivals sein. Eine Dame fragt, was er denn mit dem vielem Geld tut? Er sagt ja, er habe viel Geld und er schwimme ganz gut darin und die KI werde sich in Zukunft um sein Geld kümmern … (Grins) Und meine lautstark gestellte Frage: „Sir, glauben Sie an Gott?“ bleibt leider unbeantwortet.
Es war ein unglaublich spannender Vortrag, die Selbstdarstellung einer der faszinierendsten Persönlichkeiten der Welt mit sehr viel Offenheit, sehr viel Ehrlichkeit und dem Versuch, wahrhaftige Antworten zu geben. Sicherlich ein bleibendes Erlebnis für alle, die es geschafft haben, bei einem Andrang von etlichen tausend Menschen, zu den 1.600 zu gehören, die im Palais des Festivals deshalb Platz fanden, weil sie sich rechtzeitig angestellt haben.
Christian W. Mucha
Elon Musk
Elon Musk ist ein südafrikanisch-kanadisch-amerikanischer Unternehmer, autodidaktischer Ingenieur und Milliardär. Er ist vor allem bekannt für Tesla, SpaceX und die Social-Media-Plattform X.