APA-Medien-News-Checker auf Schulbesuch
Schüler sollen lernen, Desinformation zu erkennen. Doch wer erklärt ihnen, dass auch Medien nicht allwissend sind?
Menschen sind im Netz täglich mit einer Flut von Texten, Videos, Bildern und Behauptungen konfrontiert – doch was sind vertrauenswürdige Infos, was sind Fake News? Was ist Manipulation?
Im Rahmen der Aktionswoche “Ohne Journalismus keine Demokratie” des Oberösterreichischen Presseclubs haben APA-Faktenchecker am Mittwoch Schülern Rüstzeug gegen Desinformation nähergebracht. Ab Anfang 2026 werden fertige Unterrichtsmaterialien des APA-Projekts “CheckBar” für Schulen kostenlos zur Verfügung stehen.
In insgesamt drei interaktiven Workshops für drei verschiedene Schulklassen aus dem Raum Linz wurden Werkzeuge für die Onlinerecherche und das Erkennen von Falschnachrichten vorgestellt. Es sei wichtig, dass Jugendliche selbst ein Gefühl dafür entwickeln, ob Inhalte echt oder manipuliert sind und mit Tools vertraut sind, mit Hilfe derer sie Falschbehauptungen erkennen und einordnen können, sagt Christina Schwaha vom APA-Faktencheck-Team.
Fake News oder nicht? Das ist checkbar?
Schwaha und ihr Kollege Stefan Rathmanner, beide langjährige APA-Redakteure, gaben Einblicke in ihre Arbeit als Faktenchecker und erklärten, warum es immer mehr Falschnachrichten gibt und warum es so wichtig ist, diese auch als solche entlarven zu können. Danach ging es um praktische Tools wie die Foto-Rückwärtssuche, die intelligente Suche auf Google oder darum, wie KI-generierte Bilder überführt werden können. “So kann jede und jeder Einzelne selbst zur Faktencheckerin bzw. zum Detektiv werden. Wir erarbeiten zum Beispiel gemeinsam, wie man herausfinden kann, wo und wann ein bestimmtes Bild aufgenommen wurde”, betonte Rathmanner.
“Informiert ihr euch über das Weltgeschehen?”, werden die Schüler gefragt. Antwort: “Jein.” “Wo schaust du?”. “Auf Google”, sagt eine Schülerin, “beim Handy nach links wischen, dann kommt irgendein Nachrichtenportal”, meint ein Kollege. Nach einem ersten Kennenlernen geht es dann an die Fakten – oder eben Nicht-Fakten.
Dass US-Präsident Donald Trump einen eigenwilligen Umgang mit Tatsachen pflegt, wissen die meisten. Aber kann es wirklich sein, dass Prinz William Fotografen den Stinkefinger zeigt?
Wie kann man feststellen, ob es sich um Fakt oder Fake handelt? Etwa, indem man andere Bilder von der gleichen Gelegenheit sucht, die eine andere Perspektive zeigen – und im Fall des britischen Thronfolgers beweisen, dass dieser seine Manieren keineswegs vergessen hat, sondern nur der Blickwinkel unglücklich war.
So oder so lautete das Fragen-Antworten-Programm.
Wo die Probleme beginnen
Dass Donald Trump es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, ist längst Teil des globalen Allgemeinwissens. Man fragt sich unweigerlich, woher dieses Wissen stammt – aus seriösen Quellen wie dem ORF? Von APA-Faktencheckern, die bei solchen Beispielen wissend lächeln? Oder von internationalen Sendern, die das Phänomen in „faktengeprüften“ Dokus durchexerzieren? Oder gar die BBC, die dazu sogar eine „faktengeprüfte“ Dokumentation drehte? Wer hier noch den Überblick behält, darf sich selbst zum Faktenchecker ernennen.
CheckBar soll Schülern Medienkompetenz vermitteln
Derartige Recherchen muss man trainieren. Im Rahmen des Projekts CheckBar hat die APA daher in den vergangenen Monaten gemeinsam mit der Organisation “Digitaler Kompass”, die sich für mehr Medienkompetenz einsetzt, Unterrichtsmaterialien für 14- bis 19-Jährige entwickelt.
Dort werden sich künftig viele Wahrheiten nachlesen lassen – gründlich geprüft und verifizierbar.
Aktionswoche in Linz
Die Workshops am Mittwoch in Linz waren Teil eines Projekts des OÖ. Presseclub und der Oberösterreichischen Bildungsdirektion unter dem Titel “Ohne Journalismus keine Demokratie”. Zwei Tage lang können Schülerinnen und Schüler Medienluft schnuppern und in praktischen Übungen Einblicke gewinnen, wie Journalistinnen und Journalisten arbeiten.
Neben der APA boten auch der ORF Oberösterreich, die “Oberösterreichischen Nachrichten”, die “Kronen Zeitung”, Life Radio, LT1, “Tips”, “Mein Bezirk”, die “Kirchenzeitung”, die “Welt der Frauen”, Dorf TV, Radio FRO und Radio Freistadt Kurse an, in denen Grundlagen des Journalismus vermittelt und vor allem, “was Journalismus vom bloßen Posting auf digitalen Plattformen unterscheidet”, wie Presseclub-Präsidentin Christine Haiden betont. Man wolle die Jugendlichen “befähigen, Inhalte kritisch zu hinterfragen, Quellen einzuordnen und den Unterschied zwischen Fakten und Meinungen klar zu erkennen”, so Bildungsdirektor Alfred Klampfer.
Inhalte kritisch hinterfragen
Man kommt nicht umhin, auch die Inhalte heimischer Leitmedien zu hinterfragen. Denn die Grenze zwischen überprüfbaren Fakten und journalistischer Interpretation ist oft schmal. Gerade in Krisen und Konflikten entstehen Narrative, die sich rasch verselbstständigen. Oft bevor unabhängige Verifikation überhaupt möglich ist.
Wenn etwa aus Kriegsgebieten berichtet wird, versehen Agenturen ihre Meldungen regelmäßig mit dem Hinweis: „Lässt sich nicht unabhängig verifizieren.“ Davor aber steht meist eine eindeutige Deutung, oft gestützt auf Quellen einer Konfliktpartei. Der Satz relativiert das Gesagte, ändert aber nichts am Eindruck, der bleibt. So wird Plausibilität zur Wahrheit.
Zwischen Lehrplan und Lebenswirklichkeit
Die Linzer Workshops verfolgen ein pädagogisches Ziel: Jugendlichen beizubringen, wie man Falschmeldungen erkennt. Das ist zweifellos sinnvoll. Doch die Vorstellung, Wahrheiten – ob „True News“ oder „Fake News“ – ließen sich mit wenigen Klicks prüfen, greift zu kurz. In der Praxis bedeutet Medienkompetenz nicht, ein Tool zu bedienen, sondern Widersprüche auszuhalten.
Wer prüft die Prüfer?
Auch Faktenchecker arbeiten mit begrenzten Mitteln. Sie können Bilder analysieren, Quellen vergleichen, Zeitpunkte überprüfen. Aber sie müssen, wie jede Redaktion, entscheiden, was glaubwürdig wirkt. Genau das unterscheidet Aufklärung von Absolutismus: Das Eingeständnis, dass Wissen nie vollständig ist.
„Ohne Journalismus keine Demokratie“
Das Motto der Aktionswoche – ist richtig. Doch Demokratie lebt nicht nur vom Glauben an geprüfte Fakten, sondern vom Bewusstsein, dass selbst geprüfte Fakten nie das ganze Bild zeigen.
(APA/red/key)