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Spotifys Europachef Krause: “Visuelle Elemente werden wichtiger”

Genregrenzen verschwimmen bei jungen Hörern: "Playlisten oft auf Gefühlen basierend" - Plattform arbeitet an Möglichkeiten, "sich mehr im Vordergrund mit der App zu beschäftigen"
©unsplash

Auf den ersten Blick ist Spotify eine App zum Hören, allerdings will sich der Streamingdienst nicht darauf beschränken. “Visuelle Elemente werden wichtiger”, erklärte Spotify-Europachef Michael Krause im APA-Gespräch. Die vor einigen Jahren eingeführten “Canvas”, optische Ergänzungen zu Songs, seien “mittlerweile sehr verbreitet” und auch Videopodcasts liegen im Trend. Generell wolle man mehr Möglichkeiten bieten, “sich im Vordergrund mit der App zu beschäftigen”.

Den Kern bilden zwar weiterhin die drei großen Bereiche Musik, Podcasts und Hörbücher. “Das sind alles Angebote, die man auch im Hintergrund hören kann. Aber wir merken schon, dass es einen Bedarf gibt und die Menschen sich auch auf der Musikseite noch mehr damit auseinandersetzen wollen, um eine Bindung zu den Künstlerinnen und Künstlern aufzubauen”, betonte Krause. Seit längerem können Künstler etwa die Lyrics zu den eigenen Songs mit anliefern, die man beim Hören mitlesen kann. Beide Ebenen “ergänzen sich einfach”.

Für das 2006 gegründete schwedische Unternehmen brachte die Coronapandemie nicht nur ein Nutzerwachstum, sondern offenbarte zudem ein teils verändertes Userverhalten: Podcasts zu Nachrichten- oder Coronathemen wurden intensiv nachgefragt, andererseits gab es im Musikalischen eine Nostalgiewelle. “Generell wurde viel ältere Musik gehört, mit der man gute Zeiten verbindet”, resümierte der 44-Jährige. Beides habe sich inzwischen wieder normalisiert. Die Adressierung der Kunden läuft stark über Personalisierung – vom Mix der Woche bis zum eigenen Release-Radar. “Es gibt ganz viele Möglichkeiten, die hyperpersonalisiert sind.”

Was man vor allem bei den jüngeren Hörern sehe, sei ein zusehendes Verschwimmen von Genregrenzen. “Die Playlisten, die wir für die Generation Alpha oder Z anbieten, sind oft auf Gefühlen basiert”, so Krause. “Fühle ich mich, als würde ich mich unter der Bettdecke verstecken? Oder will ich eine kantigere Playlist, weil ich mich energischer fühle?” Da könne dann durchaus Rock neben Hip-Hop stehen. Zudem versuche man Nutzerinnen und Nutzer an anderen Orten zu erreichen, was sich durch Kooperationen mit Metaverse-Anbietern, im Gamingbereich oder mit Social-Media-Plattformen ausdrückt.

Ein spezielles Angebot an die mittlerweile weltweit 515 Millionen Nutzerinnen und Nutzer ist auch das 2021 gestartete EQUAL-Programm, mit dem weiblich gelesene Menschen im Musikbusiness unterstützt werden sollen. “Es ist eine Möglichkeit, Künstlerinnen aus der Masse hervorzuheben, da sie sonst in der traditionellen Musikwelt nicht so eine Chance gehabt hätten – weil die Strukturen eben so sind, wie sie sind.” Gleiches gelte im Übrigen für den Podcastbereich, sowohl was Sprecher als auch Produzenten betrifft. Dieses Ungleichgewicht wolle man “durchbrechen”.

Erhöhen soll sich mittelfristig der Umsatz aus Werbung, wobei hierbei laut Krause allen voran Podcasts eine Rolle spielen dürften. Vor einigen Jahren wurde dafür auch die Plattform Megaphone zugekauft, die sich um Veröffentlichung, Hosting, Analyse und Monetarisierung von Podcasts kümmert. “Hier ist auf jeden Fall noch sehr viel Musik drin”, sprach der Spotify-Manager das Potenzial an. Ein Vorteil von Werbung über den Streamingdienst sei der geringe Streuverlust. “Wir wachsen ja schneller als der Markt”, so Krause. Das habe nicht zuletzt mit den “gezielten, digitalen Werbeformen” zu tun. “Wenn ich beispielsweise die 30- bis 40-jährigen Kundinnen in Graz ansprechen will, dann passiert das automatisiert und programmatisch. Das ist die Zukunft, und da sind wir sehr gut aufgestellt.”

Transparenter will Spotify schließlich beim Thema Tantiemen werden. Auf Länderebene bekommen Künstler und Künstlerinnen für Deutschland mit dem Transparenzbericht Loud & Clear einen Einblick in die globale Streamingwirtschaft, der die wirtschaftlichen Prozesse für sie im Detail aufschlüsselt. “Für Österreich wissen wir jedenfalls, dass lokales Repertoire sehr gut funktioniert, auch über große Namen wie Wanda hinaus.” Grob 70 Prozent der Einnahmen werden an die Rechteinhaber ausgeschüttet, der Rest wird ins Unternehmen investiert – “und damit sind wir aktuell auch noch nicht hochprofitabel”. Denn trotz stärker als erwartet ausgefallenem Nutzerwachstum im ersten Quartal 2023 schrieb man einen Verlust von 225 Mio. Euro.

APA/Red.

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