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Social-Media-Aufpasser kritisieren ausbeuterische Arbeitsbedingungen

Branchenweite Veränderungen gefordert
©unsplash

In einer Petition an den Deutschen Bundestag fordern hunderte Content Moderatoren für Online-Netzwerke wie Facebook oder TikTok bessere Arbeitsbedingungen. Sie kritisierten am Mittwoch vor allem fehlende psychologische Unterstützung für ihre mental stark belastenden Aufgaben. “Ohne uns würden die Social-Media-Unternehmen über Nacht kollabieren”, hieß es in dem Antrag, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte.

“Wir fordern sofortige, branchenweite Veränderungen. Soziale Medien können niemals sicher werden, bevor nicht unsere Arbeitsbedingungen sicher und fair sind.” “Content Moderatoren” sind dafür zuständig, gefährliche Inhalte von Internetnutzern fernzuhalten. Hierzu gehören Kinderpornografie oder Darstellungen extremer Gewalt, die gesichtet und gelöscht werden müssen. Weltweit sind für Konzerne wie den Facebook-Betreiber Meta oder die TikTok-Mutter Bytedance tausende dieser “menschlichen Filter” im Einsatz, die meist bei externen Dienstleistern beschäftigt sind.

Am Mittwoch will der Social-Media-Wächter Cengiz Haksöz bei einer Anhörung im Digitalausschuss des deutschen Bundestages auftreten. Dabei wird er voraussichtlich darlegen, wie ihn die Arbeit mit schädlichem Material “psychisch und emotional” ausgelaugt hat. “Ich wurde in dem Glauben gelassen, dass das Unternehmen angemessene psychologische Unterstützung anbietet”, sagte Haksöz in einem exklusiven Reuters-Interview. “Aber das ist nicht der Fall. Es ist eher eine Art Coaching.”

Der Content Moderator arbeitet für den Dienstleister Telus, der unter anderem Metas Internet-Plattformen von toxischen Inhalten freihalten soll. Er kenne mehrere Kollegen, die aufgrund ihrer Arbeit massive psychische Probleme bekommen hätten. “Das ist eine sehr ernsthafte Aufgabe und hat ernsthafte Konsequenzen für die Arbeitnehmer. Dieser Job hat mich verändert.”

Haksöz will auch die Petition vorstellen, die von 300 Beschäftigten aus der Branche unterzeichnet wurde. Sie fordern unter anderem psychologische Unterstützung rund um die Uhr, ein Verbot von Geheimhaltungsklauseln und eine bessere Bezahlung. “Content Moderatoren sind die vorderste Verteidigungslinie gegen schädliche Inhalte im Internet”, schreiben die Verfasser. “Sie entfernen jeden Tag schreckliche Videos und Fotos, damit sie den Rest von uns nicht erreichen.”

Vor allem Meta ist wegen des Umgangs mit Content Moderatoren wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Im Jahr 2020 zahlte der Konzern 52 Mio. Dollar (48 Mio. Euro) an langjährige Beschäftigte, die wegen ihrer Arbeit unter langwierigen psychischen Problemen litten. Vor einigen Monaten verklagten Mitarbeiter des kenianischen Meta-Subunternehmens Sama ihren Arbeitgeber wegen angeblich illegaler Kündigungen. Meta und Telus wollten sich zu diesem Thema nicht äußern.

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