Anzeige

Salzburger Festspiele scheitern mit Klage gegen Kulturjournalisten

Berichte zum Führungsstil und den Umgang mit Kritik innerhalb der Festspielorganisation waren der Anlass.

12.03.2025 16:33
Redaktion
© www.neumayr.cc
Markus Hinterhäuser ist momentan Intendant der Salzburger Festspiele

Medienrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Institutionen und Journalisten sind keine Seltenheit. Doch wenn ein prominenter Kulturveranstalter wie der Salzburger Festspielfonds gegen einen kritischen Berichterstatter vorgeht, lohnt sich ein genauerer Blick. In der Causa Axel Brüggemann gegen die Salzburger Festspiele und deren Intendant Markus Hinterhäuser wurde nun auch in zweiter Instanz entschieden: Die Kläger sind gescheitert.

Kritische Berichterstattung als Anlass für Klage

Was mit kritischen Artikeln in BackstageClassical begann, endete vor Gericht: Brüggemann hatte über Hinterhäusers Führungsstil und den Umgang mit Kritik innerhalb der Festspielorganisation berichtet. Dabei äußerte er sich unter anderem zur Kündigung der Schauspielchefin Marina Davydova und dem Umgang der Festspiele mit internen Unruhen. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Der Festspielfonds und sein Intendant schickten Abmahnungen mit einem Streitwert von insgesamt 100.000 Euro – ein juristisches Schwergewicht gegen einen unabhängigen Kulturjournalisten.

Brüggemann räumte ein, dass ihm Fehler unterlaufen seien und verpflichtete sich in drei Punkten zur Unterlassung. In den übrigen sieben Punkten wollte er sich nicht beugen und bereitete sich auf den Prozess vor – unterstützt von Leserinnen und Lesern, die seine Verteidigung finanziell unterstützten.

Kein Ruhmesblatt für die Festspiele

Das Landgericht Hamburg sah in den strittigen Aussagen keine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Festspiele oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Hinterhäuser. Auch das Oberlandesgericht Hamburg wies die Beschwerde der Kläger nun zurück. Damit ist klar: Brüggemann durfte schreiben, dass Hinterhäuser sich in Sachen “Troubleshooting” darauf konzentriere, Kritiker mundtot zu machen.

Markus Hinterhäuser, Intendant Salzburger Festspiele
Markus Hinterhäuser, Intendant Salzburger Festspiele | © Salzburger Festspiele / Lydia Gorges

Diese Formulierung ist für den Festspielintendanten mehr als unangenehm, da sie auf eine autoritäre Führungskultur hindeutet. Dass sich der Festspielfonds dennoch entschieden hat, juristisch dagegen vorzugehen, zeigt ein bedenkliches Verständnis von Pressefreiheit und öffentlicher Debatte.

SLAPP-Klagen als Druckmittel gegen Journalismus

Der Fall reiht sich ein in eine immer wieder zu beobachtende Praxis: sogenannte SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation). Dabei handelt es sich um juristische Maßnahmen, die weniger dazu dienen, einen tatsächlichen Rechtsverstoß zu ahnden, als vielmehr darum, kritische Stimmen mit hohen Streitwerten und finanziellen Belastungen einzuschüchtern.

Gerade in der Kulturberichterstattung, wo unabhängige Journalistinnen und Journalisten oft mit schmalen Budgets arbeiten, kann eine solche Strategie gravierende Folgen haben. Wer sich juristische Auseinandersetzungen nicht leisten kann, verzichtet lieber gleich auf brisante Recherchen. Genau diesen Effekt sollen solche Klagen oft erzielen.

Reputationsfrage für die Salzburger Festspiele

Unabhängig vom juristischen Ausgang stellt sich die Frage, ob der Festspielfonds und insbesondere Markus Hinterhäuser mit dieser Eskalation dem eigenen Ruf nicht mehr geschadet haben als Brüggemanns Artikel es je hätten tun können.

Die Salzburger Festspiele genießen als Institution Weltruf. Ihre Strahlkraft in der internationalen Kulturszene war schon eimal bedeutender. Ihr Intendant steht nun im Zentrum einer Debatte darüber, wie viel Kritik er und seine Organisation aushalten können. Dass ein Journalist wie Brüggemann durch mehrere Instanzen klagen musste, um seine Berichterstattung zu verteidigen, hat die öffentliche Wahrnehmung des Konflikts zusätzlich verschärft. Der Versuch, Brüggemanns Kritik juristisch zu unterbinden, führte erst recht dazu, dass Medienvertreter sich solidarisieren und verstärkt über die Vorgänge berichten.

Die gerichtliche Niederlage gegen Brüggemann ist nicht nur ein Teilerfolg für den Journalismus, sondern auch ein Zeichen dafür, dass öffentliche Institutionen mit kritischer Berichterstattung anders umgehen sollten – weder mit Klagen noch mit Cancel Culture oder dem Entzug von Akkreditierungen. Der Versuch, Journalisten auf diesem Weg einzuschüchtern oder ihnen die Arbeitsgrundlage zu entziehen, schadet langfristig nicht nur der Pressefreiheit, sondern auch der Glaubwürdigkeit jener Institutionen, die sich dem offenen Diskurs eigentlich verpflichtet fühlen sollten.

(APA/red)

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren