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ORF-Digitalnovelle bringt Kompensationszahlungen und mehr Kooperation

ORF erhält Entfall des Vorsteuerabzugs vom Bund kompensiert - Verstärkte Kooperation mit Privaten 
© ORF/ APA/HANS PUNZ

Die ORF-Gesetzesnovelle ist am Donnerstag von der Regierung in Begutachtung geschickt worden. Bis 25. Mai können dazu Stellungnahmen abgegeben werden. Aus dem Gesetzesentwurf geht hervor, dass der ORF einen millionenschweren Entfall des bisherigen Rechts auf Vorsteuerabzug vom Bund unter bestimmten Voraussetzungen kompensiert bekommt. Zudem soll die Kooperation mit Privaten etwa über die Bereitstellung eines Sendungskatalogs gestärkt werden.

Die wesentlichen Eckpunkte der geplanten ORF-Digitalnovelle haben Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und die Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer bereits am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert. So darf der ORF künftig sowohl online-only als auch online-first produzieren, weiters wird es auf orf.at künftig 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Text geben, wobei die Textbeitragszahl pro Woche auf 350 beschränkt wird. Die gegenwärtige Sieben-Tage-Beschränkung für Abrufe in der TVthek wird je nach Inhalt auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt.

Bereits länger bekannt ist, dass die derzeitige gerätegekoppelte GIS-Gebühr zu einem ORF-Beitrag in Form einer Haushaltsabgabe umgewandelt wird. Pro Haushalt sind künftig 15,30 Euro pro Monat fällig, wobei bisherige Gebührenbefreiungen aufrecht bleiben, Nebenwohnsitze ausgenommen sind und eine Staffelung des ORF-Beitrags für Unternehmen in Kraft tritt.

Durch die Umstellung vom per GIS-Gebühr eingehobenen Programmentgelt auf den neuen ORF-Beitrag entfällt für den ORF das Recht zum Vorsteuerabzug. Dieser Verlust beträgt für den ORF in den Folgejahren zwischen 70 und 90 Mio. Euro, geht aus einer Folgenabschätzung zum Gesetzesentwurf hervor. Diese Summe soll vom Bund durch eine zeitlich befristete jährliche “Kompensation” an den ORF “neutralisiert” werden. Im Gegenzug soll der ORF Einsparungsmaßnahmen etwa im Personal- und Sachkostenbereich treffen. Zusätzlich erhält der ORF bis 2026 jährlich 10 Mio. Euro an Kompensationszahlungen für den Fortbestand des Radiosymphonieorchesters (RSO) und von ORF Sport +. Voraussetzung für die Kompensation ist etwa, dass mehr Breitensport im Hauptprogramm zu sehen ist.

Diese Kompensationen erhält der ORF zusätzlich zu 710 Millionen Euro aus dem ORF-Beitrag. Die Summe bemisst sich aus den durchschnittlichen Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags von 2024 (ca. 683 Mio. Euro) bis 2026 (ca. 743 Mio. Euro). Übersteigen die Einnahmen durch den ORF-Beitrag die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags, sollen die Mittel wie bisher einer Widmungsrücklage und in einem weiteren Schritt einem Sperrkonto zugeführt werden. Steigen die Nettokosten, kann der ORF darauf zurückgreifen. Eine Erhöhung des ORF-Beitrags wird als “letzte Option” angeführt. Ist dies dennoch nötig, kann der ORF-Generaldirektor weiterhin einen Antrag an den Stiftungsrat stellen. Dieser wird im Anschluss von der Behörde KommAustria geprüft.

Mit der Umstellung von der an Fernseher und Radio gekoppelten GIS-Gebühr auf den ORF-Beitrag in Form einer Haushaltsabgabe werden rund 525.000 weitere Privathaushalte beitragspflichtig. Insgesamt sind es damit 4,1 Mio. Haushalte, die den Beitrag zahlen müssten. Allerdings beträgt die Befreiungsquote rund acht Prozent, womit die Beitragspflicht letztlich rund 3,7 Mio. Haushalte trifft.

Zudem sind laut Expertenschätzungen rund 238.000 Unternehmen beitragspflichtig, wovon rund 100.000 durch die Umstellung auf die Haushaltsabgabe erst zahlungspflichtig werden. Wie viel ein Unternehmen an den ORF zahlen muss, hängt von der Summe der ausbezahlten Löhne ab. Bis 1,6 Mio. Euro ist laut Entwurf ein ORF-Beitrag zu zahlen, bis 3 Mio. Euro zwei ORF-Beiträge, usw. Ausgenommen sind Ein-Personen-Unternehmen.

Bisher hob die GIS Gebühren Info Service Gmbh die GIS-Gebühr ein. Sie wird umbenannt in ORF-Beitrags-Service GmbH. Wer beitragspflichtig ist, wird künftig über Daten des Zentralen Melderegisters erhoben. Bei Unternehmen dient die Kommunalsteuer zur Feststellung der Zahlungspflicht.

Aus dem Gesetzesentwurf geht auch hervor, dass der ORF die Kooperation mit Privaten stärken soll. So ist vorgesehen, dass das öffentlich-rechtliche Medienhaus eine Auswahl von eigenproduzierten Sendungen, die vor mehr als sieben Jahren erstausgestrahlt wurden, im Ausmaß von 500 Minuten pro Jahr zusammenstellt. Private Rundfunkveranstalter können aus dieser Liste Sendungen gegen Entgelt auswählen und im eigenen linearen Programm ausstrahlen. Auch aktuelle ORF-Sendungen dürfen von Privaten ausschnittsweise verwendet werden. Der ORF kann wiederum – sofern gewünscht – Inhalte von privaten Marktteilnehmern auf seiner Onlineplattform gegen Kostenerstattung bereitstellen.

Das Online-Angebot des ORF darf kein Angebot sein, dass “mit dem Online-Angebot von Tages- oder Wochenzeitungen oder Monatszeitschriften vergleichbar” ist. Auf orf.at sollen audiovisuelle Beiträge künftig 70 Prozent und Textbeiträge 30 Prozent ausmachen, wobei Texte zur Barrierefreiheit nicht in die Höchstzahl von 350 Textbeiträgen pro Woche einzubeziehen sind. Begleittexte für audiovisuelle Beiträge dürfen maximal 300 Zeichen aufweisen.

Dem ORF wird es mit der Novelle ermöglicht, Inhalte online-first bereitzustellen. Inhalte aus Kultur, Information (ausgenommen Nachrichtensendungen), Unterhaltung und Sport dürfen jedoch frühestens 24 Stunden vor Ausstrahlung im linearen Programm online gestellt werden. Im Falle von Serien sind maximal zwei Folgen im Voraus erlaubt. Im Bereich der Inhalte, die der ORF künftig nur für online produzieren darf (online-only), sind bis zu 80 Sendungen pro Woche erlaubt.

In einem vorgesehenen Transparenzbericht werden neben einer teils namentlichen Aufschlüsselung der Gehälter etwa auch die erzielten Reichweiten von Sendungen und Online-Angeboten sowie die Kosten sämtlicher Eigen- und Auftragsproduktionen angeführt. Der Bericht muss für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

APA/Red.

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