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EU-Journalisten überwacht

"Schutz der nationalen Sicherheit" soll Überwachung legitimieren
© 2023 OpenAI

Das EU-Gesetz zum Schutz der Medienfreiheit sollte die Arbeit von Journalisten eigentlich stärken. So sieht die geplante Verordnung etwa vor, dass sich der Staat von öffentlich-rechtlichen Sendern fernzuhalten habe oder dass Redaktionen besonders geschützt würden. Doch nun drängen mehrere EU-Staaten unter der Federführung von Frankreich bei den Verhandlungen mit dem EU-Parlament darauf, es an entscheidender Stelle zu schwächen, berichtet der “Standard” am Dienstag.

Interne Dokumente, die den Rechercheteams Investigate EuropeDiscloseFollow the Money sowie der österreichischen Tageszeitung vorliegen, zeigen: Frankreich, Finnland, Griechenland, Italien, Malta, Schweden und Zypern wollen die Überwachung von Journalisten einschließlich des Einsatzes von Spionagesoftware auf deren Telefonen legitimieren, wenn ihre Sicherheitsbehörden dies zum “Schutz der nationalen Sicherheit” für nötig halten. Nun müssen sich die EU-Staaten und das EU-Parlament unter Einbeziehung der EU-Kommission im sogenannten Trilog auf einen Text einigen. Die entscheidende Sitzung ist für den kommenden Freitag angesetzt, so der “Standard”. Die verschiedene Positionen der EU-Staaten und des EU-Parlaments stehen sich dabei gegensätzlich gegenüber. 

Laut EU-Vertrag unterliegt die Wahrung der nationalen Sicherheit allein den Nationalstaaten. Die Berufung auf dieses Prinzip rechtfertige es aber nicht, EU-Gesetze zu brechen, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mehrmals. So verbot der EuGH etwa zuletzt im Oktober 2020 – unter Verweis auf die Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation – Frankreich, Internetprovider zur Speicherung ihrer Kundendaten auf Vorrat zu zwingen. Wegen dieser Niederlage, heißt es in Kreisen der Kommission, wolle die französische Regierung und ihre Mitstreiter nun erreichen, dass nationale Gerichte mögliche Streitfälle gar nicht erst dem EuGH vorlegen.

Diese harte Position spiegelt die politische Kultur Frankreichs wider. Unter dem Eindruck schwerer Terroranschläge und der Furcht vor Spionen haben die Behörden großen Einfluss – und wehren sich gegen jede Einmischung. Das zeigen etwa die Ermittlungen gegen Journalisten von der französischen Rechercheplattform Disclose. Damals wurden ihre Wohnungen auf richterliche Anordung untersucht, nachdem sie aus Geheimdokumenten über die Verstrickung französischer Geheimagenten in die Ermordung von Zivilisten durch Behörden in Ägypten zitierten, untersucht. 

Solle die Änderung akzeptiert werden, könnten bisher illegale Methoden zur Überwachung kritischer Journalisten, nachträglich legalisiert werden. Länder wie Griechenland, Spanien, Bulgarien, Polen und Ungarn haben bereits “nationale Sicherheit” als Grund genannt, um Spionagesoftware wie Pegasus und Predator gegen kritische Journalisten zu nutzen. In Österreich wurden Staatstrojaner bisher nicht genutzt, weil der Verfassungsgerichtshof 2019 ein entsprechendes Gesetz kippte. Die ÖVP verlangen seitdem jedoch einen neuen Anlauf. 

17 Medienverbände und Institute in Europa fordern, diesen umstrittenen Absatz zu streichen. Die deutsche Medienministerin Claudia Roth (Grüne) plant, einen Kompromissvorschlag ohne diese Ausnahme vorzuschlagen.

APA/Red.

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