Jimmy Kimmel vorerst aus Abendprogramm gestrichen
Nach scharfer Kritik an Kimmels Kommentaren zum Attentat an Charlie Kirk zieht ABC Konsequenzen.

Am 15. September wurde der rechte Aktivist Charlie Kirk bei einer Veranstaltung in Pittsburgh erschossen. Der mutmaßliche Täter: ein Mann, der laut Behörden gezielt gegen Kirk vorging. Der Vorfall löste in den USA nicht nur politische Debatten aus, sondern auch mediale Wellen – insbesondere, als sich Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel in seiner Sendung zum Fall äußerte. Kimmel kritisierte in seiner Monolog-Eröffnung, dass „ein Teil der rechten Bewegung sofort alles daran setzt, sich vom Täter zu distanzieren“ und gleichzeitig „versucht, Kapital aus dem Mord zu schlagen“. Der Ton war scharf, die Formulierung eindeutig – und die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
ABC zieht Konsequenzen
Nur wenige Tage nach der Ausstrahlung kündigte ABC an, die Sendung Jimmy Kimmel Live! „bis auf Weiteres“ aus dem Programm zu nehmen. Eine offizielle Begründung blieb aus, doch der Kontext war klar: Politischer und regulatorischer Druck hatte sich massiv aufgebaut. Neben konservativen Medienfiguren und politischen Kommentatoren meldete sich auch FCC (Federal Communications Commission)-Kommissar Brendan Carr zu Wort – und sprach öffentlich über mögliche Folgen für Sender, die weiterhin Plattformen für derartige Aussagen bieten. Einige regionale ABC-Affiliates wie Nexstar kündigten bereits an, die Show nicht länger auszustrahlen. Für das Netzwerk war das offenbar ein Wendepunkt.
Medienpolitik unter Druck
Der Fall zeigt deutlich, wie stark medienpolitische Kräfte in den USA derzeit wirken – und wie schnell sich regulatorischer und öffentlicher Druck auf redaktionelle Entscheidungen auswirkt. Dass ein Satire-Format nach einer politischen Äußerung derart schnell verschwindet, ist nicht alltäglich. Gleichzeitig verdeutlicht der Fall die Macht der Affiliate-Struktur im US-Fernsehen: Zwar produziert ABC die Show zentral, doch die Ausstrahlung erfolgt über ein Netz regionaler Partner. Wenn diese sich verweigern – aus politischem, wirtschaftlichem oder moralischem Kalkül – gerät selbst ein etabliertes Format ins Wanken. Der Fall Kimmel blieb dabei nicht isoliert. US-Präsident Donald Trump, der sich bereits in der Vergangenheit kritisch über politische Satire geäußert hatte, nutzte die Gelegenheit für einen Frontalangriff: Er nahm nicht nur Kimmel, sondern auch die verbliebenen Comedians Jimmy Fallon und Seth Meyers ins Visier – und bezeichnete sie öffentlich als „zwei totale Versager“. Der Sender NBC müsse nun folgen und ihre Shows ebenfalls absetzen, forderte Trump.
Meinungsfreiheit oder Programmverantwortung
Für Medienschaffende stellt sich die Frage: Wo verläuft die Grenze zwischen zugespitzter Satire und gesellschaftlicher Verantwortung? Kimmel ist bekannt für seine politischen Kommentare – er hat sich in der Vergangenheit klar gegen Donald Trump und die MAGA-Bewegung positioniert. In einem polarisierten Klima wie dem der USA bleibt die Reaktion auf solche Aussagen selten auf rein medialer Ebene. Gleichzeitig ist klar: Eine Meinungsäußerung – auch zugespitzt – steht grundsätzlich unter dem Schutz der freien Rede. Doch wenn politische Kommentierung auf Unterhaltungsplattformen erfolgt, verschwimmen die Rollen – und mit ihnen die Erwartungshaltungen.
Kommerzielle Erwägungen spielen mit
Neben dem politischen Druck dürfte auch die wirtschaftliche Komponente eine Rolle gespielt haben. Lokale Partner wie Nexstar sind nicht nur Sendeplattformen, sondern auch wirtschaftlich relevante Player. Wenn sie sich von einem Format distanzieren, wird es für das Mutterhaus – hier ABC – schwierig, Reichweite und Werbewirkung zu halten. In der Folge gerät die redaktionelle Unabhängigkeit ins Spannungsfeld wirtschaftlicher Realitäten – ein bekanntes, aber in diesem Fall besonders deutliches Problem. Ein weiteres Beispiel für diese Entwicklung lieferte im Juli der Sender CBS: Die Ankündigung, die beliebte Late Show mit Stephen Colbert im kommenden Jahr einzustellen, sorgte für breite Enttäuschung unter Fans. Colbert, der immer wieder scharfe Kritik an Trump geäußert hatte, gilt als einer der profiliertesten politischen Satiriker im US-Fernsehen. CBS erklärte die Entscheidung als „eine rein finanzielle“, doch sie kam wenige Wochen, nachdem Colbert dem CBS-Mutterkonzern Paramount vorgeworfen hatte, sich mit einer Zahlung von 16 Millionen Dollar an Trump „freizukaufen“ – er nannte es eine „fette Bestechung“.
Fall mit Signalwirkung
Was bleibt, ist mehr als die vorübergehende Absetzung einer TV-Show. Der Fall Kimmel zeigt, wie stark politische Ereignisse mittlerweile auf mediale Produktions- und Entscheidungsprozesse durchschlagen. Und er verdeutlicht, wie wenig Puffer zwischen Programminhalt und politischem Gegenwind noch existiert – selbst bei großen Playern wie ABC und etablierten Formaten wie Jimmy Kimmel Live!. Für Fachleute lohnt es sich, den Fall als Gradmesser zu betrachten – für den Zustand einer Branche, in der politische Konjunkturen, Aufsichtsbehörden und wirtschaftlicher Druck zunehmend eng ineinandergreifen.
(red)