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“Das Feuilleton”: Ex-“WZ”-Schreiber heben Monatszeitung aus der Taufe

Zehn Ausgaben im Jahr bei erfolgreichem Crowdfunding geplant
©pexels

Mit 1. Juli hat die Regierung die “Wiener Zeitung” als tägliche Printzeitung eingestellt. Viele Redakteurinnen und Redakteure mussten das Medienhaus verlassen. Nun hat sich eine ca. zehnköpfige Gruppe von Ex-“WZ”-Schreibern formiert, um “Das Feuilleton” auferstehen zu lassen. Bei erfolgreichem Crowdfunding sind pro Jahr zehn Printausgaben vorgesehen, die sich auf Kultur, Medien, Zeitgeschehen und Debatten abseits des tagesaktuellen Geschäfts konzentrieren.

“Wir stehen hier, weil wir nicht vorhaben, uns von einer verantwortungslosen Politik aus dem Journalismus treiben zu lassen. Wir stehen hier, weil wir zutiefst davon überzeugt sind, dass in der ohnehin auf eine karge Ödnis zusammengeschrumpften Diskurslandschaft dieses Landes auf eine weitere Stimme nicht einfach so verzichtet werden kann”, hält Bernhard Baumgartner im Leitartikel der soeben erschienenen 24-seitigen Nullnummer fest. “Das Plus des Feuilleton in der ‘Wiener Zeitung’ war unser Anspruch, die Leserinnen und Leser mit Geschichten abseits des üblichen Nachrichtengeschehens zu überraschen. Wir haben das ‘Wiener Zeitung’-Feuilletonfeeling auf ein neues Produkt übertragen. Aber wir machen nicht die ‘Wiener Zeitung’ neu. Dieses Produkt steht für sich alleine”, so Baumgartner gegenüber der APA.

Der frühere stv. Leiter des Feuilletonressorts in der “Wiener Zeitung” ist wie auch die vormalige Feuilletonleiterin Christina Böck und Filmspezialist Matthias Greuling Teil des Herausgebergremiums. Böck fungiert zudem als Chefredakteurin. “Wir wollen mit gut recherchierten und brillant geschriebenen Texten punkten”, stellt sie im APA-Gespräch klar. An Bord seien noch viele Autorinnen und Autoren der ehemaligen “Wiener Zeitung” – etwa Judith Belfkih, Clemens Marschall und die Kolumnisten Severin Groebner und Walter Gröbchen. “Wir hoffen, dass sich noch weitere anschließen”, so Böck. Auch sei man offen für Ideen von außen.

In “Das Feuilleton” wird etwa die schillernde Karriere der Farbe Pink, das Comebackphänomen und die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf schwarz-weiße Filme thematisiert. Auch ein Interview mit Meg Ryan und eine Spurensuche in Dartmoor im Süden Englands zu Sir Arthur Conan Doyle und seiner berühmten Geschichte “The Hound of the Baskervilles” findet sich in der Ausgabe mit aufgeräumtem, luftigem Layout.

“Ich habe kurz bevor es zu Ende gegangen ist, einige Telefonate mit ‘Wiener Zeitung’-Lesern geführt, die mir einen drohenden Zustand der Heimatlosigkeit vermittelt haben. Warum soll man ihnen nicht wieder eine Heimat bieten?”, fragt Böck. Aber man wolle darüber hinaus jeden ansprechen, der gerne “intelligente, witzige Geschichten” lese. Ob sich dafür ein zahlungswilliges Publikum findet, soll mittels soeben gestartetem Crowdfunding festgestellt werden.

Werden 75.000 Euro erreicht, wäre “Das Feuilleton” für ein Jahr und damit zehn Ausgaben – die erste ist für Dezember geplant – finanziert. Ein reguläres Jahresabo kostet 60 Euro, ein Förderabo 120 Euro. Aber auch niedrigere und höhere Beiträge können in das Projekt investiert werden. “Wir sind der Meinung, dass es Leute gibt, die bereit sind, dafür zu zahlen. Die Frage ist, ob wir sie erreichen”, so Baumgartner, der auch ein E-Paper in Aussicht stellt. Kostenlos zugänglich mache man nur einzelne Artikel auf der Homepage.

Die Nullnummer wurde im Alleingang finanziert. Als Medieninhaber scheint der Verein zur Förderung des österreichischen Feuilleton-Journalismus auf. Dieser wurde eigens für die Zeitung als Non-Profit-Organisation gegründet. Jeder Euro, der eingenommen wird, werde in den Journalismus investiert, verspricht Baumgartner. Man gelte zwar Texte nach branchenüblichem Honorar ab, aber stelle beispielsweise niemanden an.

Damit kann “Das Feuilleton” auch “kein Rettungsring” für Journalistinnen und Journalisten sein, weil dazu die Mittel fehlen würden, erklärt Böck. “Solange uns jemand lesen will, schreiben wir gerne. Egal, ob wir irgendwo anders Jobs haben oder nicht”, sagt die Chefredakteurin.

APA/Red.

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