APA-Comm-Talk zu KI in der PR
Wer KI ins Unternehmen integrieren will, braucht Strukturen, die diesen Prozess ermöglichen.

„Wo stehen wir, was funktioniert, was kommt?“ – Unter diesem Dreiklang diskutierte der jüngste APA-Comm-Talk die aktuellen Entwicklungen zum Thema KI in der Kommunikationsbranche. Dass generative KI mittlerweile nahezu flächendeckend im Einsatz ist, steht außer Frage. Doch wie groß ist der tatsächliche Veränderungswille – und wie tief geht der Wandel wirklich?
Wo stehen wir?
Die eingangs präsentierte PR-Trendradar-Studie unter 305 Branchenvertretern bestätigt zunächst die gängigen Erwartungen: Über 80 % der Befragten sehen in generativer KI eher eine Chance als eine Bedrohung. Ebenso viele setzen bereits regelmäßig entsprechende Tools ein – ein signifikanter Anstieg im Vergleich zu 2023. Die Euphorie scheint also angekommen zu sein.
Doch bei näherem Hinsehen offenbaren sich Grenzen. Rund 40 % der Befragten beklagen fehlende Schulungsangebote. Auch klare Anwendungsrichtlinien und verlässliches internes Know-how fehlen vielerorts. Was bleibt, ist ein Gefühl der Überforderung – mit Tools, deren Potenzial zwar erkannt, aber oft nicht strukturiert erschlossen wird.
Was funktioniert?
Das Expertpanel – hochkarätig besetzt mit Vertretern aus Forschung, Telekommunikation, Medien und Tourismus – war sich zumindest in einem Punkt einig: Der KI-Change ist kein abgrenzbares Vorhaben, sondern ein dauerhafter, kulturell geprägter Lernprozess.

„Wir befinden uns in einem transformativen, innovativen Wandel, der laufend begleitet werden muss“, sagte etwa Carolin Plas, AI- und Change-Managerin bei Magenta Telekom. Ihre Kollegen ergänzten: Wer KI integrieren will, braucht Lust auf Veränderung – und Strukturen, die diesen Prozess ermöglichen.
Barbara Herbst, Gründerin der Beratungsplattform en.AI.ble, formulierte drei Kernbedingungen: Man muss KI verstehen, trainieren – und man muss Freude daran entwickeln. Ohne Neugier keine Integration. Ohne Klarheit keine Akzeptanz.
Wie aber gelingt die konkrete Umsetzung? Stefan Kreppel von der Österreich Werbung berichtete von einer internen „30-Tage-KI-Challenge“, die Mitarbeitende über kleine Aufgaben spielerisch an Tools heranführt. Ein niederschwelliger Einstieg, der auch jenen Raum gibt, die sich der Technologie bislang eher zögerlich nähern.
Bei der APA wiederum verfolgt man das Prinzip „Trusted AI“. COO Klemens Ganner betonte, dass es interne Leitlinien gebe, die genau definieren, welche Bereiche für KI-Anwendungen infrage kommen – und welche nicht. Die redaktionelle Content-Produktion etwa bleibt außen vor. Gleichzeitig werde die KI-Kompetenz der Belegschaft durch regelmäßige Schulungen und klare Kommunikation systematisch gefördert.
Was kommt?
Doch es gab auch kritische Stimmen. Sabine Köszegi, Technikforscherin an der TU Wien, warnte davor, kognitive Prozesse zu schnell auszulagern. „Cognitive Offloading“ – also das Abgeben geistiger Arbeit an Maschinen – bedeute langfristig auch den Verlust menschlicher Fähigkeiten. Denken, Schreiben, Gestalten – das sind Fähigkeiten, die durch Übung wachsen. Und genau diese Übung drohe zu verschwinden.
Sie plädierte für „intelligente Schnittstellen“, die nicht nur effizienter machen, sondern auch menschliche Entwicklung ermöglichen. Ihre zentrale Forderung: mehr kritisches Denken, mehr analoge Räume, mehr prozessorientiertes Arbeiten. Nicht trotz, sondern gerade wegen der digitalen Disruption.
Der APA-Comm-Talk zeigte: Die Kommunikationsbranche ist neugierig, technologieoffen – und zugleich von Unsicherheit durchzogen. Zwischen PR-Rhetorik und praktischer Umsetzung liegen viele Hürden. Wer KI ernsthaft integrieren will, muss Menschen mitnehmen, Strukturen aufbrechen, Lernen ermöglichen und Klarheit schaffen.
wer hat, der hat
Der Einsatz von KI in der PR- und Kommunikationsbranche ist zum Gamechanger für Führungspersönlichkeiten geworden. Die Macht über Inhalte und Abläufe hat manchen zur Aura des Allwissenden verholfen. Mitunter treibt das Blüten: Aus blasser Aufgeblasenheit wird eine schillernde Koryphäe mit nahezu unendlichem Wissen.
Es liegt in der Natur der Dinge, dass man eine solche Machtfülle nicht gern teilt – schon gar nicht mit weisungsgebundenen Mitarbeitern, die am Ende womöglich besser Bescheid wüssten als ihre Vorgesetzten.
Schulungsangebote sind gut und schön – aber ohne entsprechende Lizenzen zur praktischen Anwendung bleiben viele Beschäftigte außen vor. Schlimmer noch: Wer sein Know-how in ein geteiltes System einbringt, läuft womöglich Gefahr, sich selbst überflüssig zu machen.
Titelbild: Am Podium v.l.n.r.: Barbara Herbst (en.AI.ble), Klemens Ganner (APA), Carolin Plas (Magenta Telekom), Stefan Kreppel (Österreich Werbung), Sabine Köszegi (TU Wien), Thomas Schwabl (Marketagent.com) Alexander Raffeiner, Moderator (Raffeiner Reputation)
(PA/red)