Überweisung in Echtzeit: Das hat sich verändert
Die EU macht Banküberweisungen schneller: Geld ist in Sekunden da, doch Kunden müssen künftig genau hinschauen, bevor sie auf „Senden“ klicken.
 
Seit dem 9. Oktober gelten neue Regeln für Bankkunden, die sich innerhalb der Europäischen Union befinden. Jede Bank im Euro-Raum ist seit diesem Datum verpflichtet, Zahlungen in Echtzeit anzubieten. Was das heißt? Geld soll künftig innerhalb von zehn Sekunden beim Empfänger ankommen. Ohne, dass dafür zusätzliche Gebühren verrechnet werden. Gleichzeitig hat die EU auch ein neues Prüfverfahren eingerichtet, das bei der Eingabe des Empfängernamens ein Warnsignal in Ampelfarben anzeigt.
EU-Verordnung läutet eine neue Ära des Zahlungsverkehrs ein
Überweisungen, die bisher ein bis zwei Werktage benötigt haben, müssen nun in Echtzeit möglich sein. Für den Konsumenten ist das natürlich ein Vorteil: Rechnungen lassen sich sofort begleichen und der Zahlungsempfänger sieht den Betrag nach wenigen Sekunden auf seinem Konto.
Juristin Karin Hinteregger von der Arbeiterkammer Vorarlberg hat betont, dass das System eine europäische Antwort auf US Dienste wie PayPal oder Apple Pay ist. Bislang haben diese Dienste den Markt für Sofortzahlungen dominiert. Wer die Wahl hat, ob man mit Bank Transfer zahlen will oder mit PayPal, hat sich in der Regel für den Dienst aus den USA entschieden. Doch das Thema Geschwindigkeit sollte jetzt endgültig vom Tisch sein. „Mit der EU-Lösung wird ein unabhängiges und sicheres Zahlungssystem geschaffen, das in europäischen Händen bleibt“, so Hinteregger. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt das Ziel, den europäischen Zahlungsverkehr moderner und wettbewerbsfähiger zu machen.
Ein weiterer Vorteil ist im Bereich der Kostenregelung zu finden. Sofortüberweisungen müssen laut EU-Vorgabe gratis sein. Das heißt, Banken dürfen keine höheren Gebühren verlangen als bei einer normalen SEPA-Zahlung. Dennoch befürchten einige Verbraucher, dass die Einführung langfristig über höhere Kontoführungsgebühren finanziert werden könnte.
Ampelsystem soll vor Fehlern und Betrug schützen
Parallel zu der Echtzeitpflicht ist auch neues Kontrollsystem an den Start gegangen, dass die Empfängerdaten überprüft. Banken müssen künftig bei jeder Überweisung abgleichen, ob IBAN und Name zusammenpassen. Das Ergebnis wird dem Kunden farblich angezeigt:
Grün steht für eine vollständige Übereinstimmung, Orange für kleine Abweichungen, Rot hingegen für eine deutliche Diskrepanz zwischen Namen und Kontonummer. Laut Hinteregger sollte man Warnsignale keinesfalls ignorieren: „Wenn kein grünes Licht erscheint, ist Vorsicht geboten. Bei Rot sollte man die Überweisung sofort stoppen.“
Kritik wird von der Expertin dahingehend geübt, dass Kunden trotz einer roten Warnung die Zahlung trotzdem freigeben können. Dadurch bleibt ein Restrisiko bestehen, insbesondere wenn Betrüger versuchen, durch täuschend echte Webseiten oder Mails Geld auf falsche Konten umzuleiten.
Derartige Betrugsmaschen sind kein Einzelfall. In den Beratungsstellen der Arbeiterkammern häufen sich Berichte über Phishing-Angriffe und manipulierte Online Überweisungen. Da das Geld bei Echtzeittransfers in Sekundenschnelle das Konto wechselt, ist es für Banken dann auch nicht mehr möglich, den Betrag zurückzuholen, sobald ein Betrug erkannt wird.
Sicherheit oder Tempo?
Die neue Technik bringt also Komfort, aber auch ein paar neue Herausforderungen mit sich. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, der kann weiterhin die klassische SEPA-Überweisung verwenden. Diese dauert in der Regel ein bis zwei Werktage. Während diesem Zeitfenster führen in der Regel die Bank noch Transaktionsprüfungen durch. Dieses sogenannte Monitoring kann verdächtige Zahlungen erkennen. Wenn etwa mehrmals kurz hintereinander der gleiche Betrag an denselben Empfänger geht, sollte das System Alarm schlagen. In der Praxis kommt es laut Hinteregger jedoch vor, dass Banken derartige Muster übersehen. „Wir fragen dann regelmäßig nach, warum das Sicherheitsnetz versagt hat.“
Gerade im Falle eines Betrugs kann die langsamere Überweisung durchaus ein Vorteil sein. Wenn der Kunde rechtzeitig bemerkt, dass etwas nicht stimmt, bleibt noch Zeit, damit der Auftrag gestoppt oder korrigiert wird. Allerdings gelingt es nur selten, das Geld vollständig zurückzuerlangen. Vor allem dann, wenn der Empfänger im Ausland sitzt.
Werden jetzt andere Gebühren teurer?
Auch wenn die EU vorschreibt, dass Echtzeitüberweisungen keine zusätzlichen Kosten verursachen dürfen, warnen die Verbraucherschützer davor, dass Banken die Umstellung über andere Gebühren ausgleichen könnten. Die Wirtschaftskammer Österreich hält dagegen: Eine Preiserhöhung sei derzeit nicht vorgesehen. Jede Bank legt zwar ihre Gebührenstruktur selbst fest, doch die Einführung der neuen Funktion sei kein Grund für automatische Mehrkosten.
Für Konsumenten bleibt dennoch Vorsicht geboten. Hinteregger empfiehlt, Echtzeitüberweisungen nur bei echtem Bedarf zu nutzen. Etwa dann, wenn es sich um dringende Zahlungen handelt oder bei Käufen, bei denen eine sofortige Gutschrift notwendig ist. „In den meisten Fällen gibt es keinen Grund, Geld in zehn Sekunden zu verschicken“, so Hinteregger.
Darüber hinaus rät sie, Überweisungslimits einzurichten. Dadurch können versehentliche Fehleingaben oder hohe Verluste vermieden werden. Gerade bei großen Summen sollte man doppelt prüfen, ob Empfänger und Betrag stimmen. Wenn die Ampel rot aufleuchtet, gilt laut Hinteregger ein klarer Grundsatz: „Dann stimmt etwas nicht und man sollte sofort abbrechen.“
Echtzeitüberweisungen: Ein Fortschritt mit Schattenseiten
Mit dem Start der neuen EU-Regelung wird also das Bezahlen im Euroraum schneller, moderner und grenzüberschreitend effizienter. Die Verbraucher profitieren von der sofortigen Verfügbarkeit ihres Geldes, Händler und Unternehmen von besserer Liquidität. Doch der Fortschritt bringt Verantwortung mit sich.
Schnelligkeit darf am Ende nicht zu Lasten der Sicherheit gehen. Die Kunden müssen künftig genauer hinsehen, bevor sie auf „Senden“ klicken. Banken wiederum stehen in der Pflicht, ihre Systeme laufend zu überwachen und Betrugsmuster frühzeitig zu erkennen.
Die Idee, Geld in Sekundenschnelle europaweit zu bewegen, ist ein großer Schritt in Richtung moderner Finanzinfrastruktur. Doch am Ende hängt der Erfolg dieser Neuerung nicht nur von der Technik ab, sondern auch vom Bewusstsein der Nutzer. Denn nur wer aufmerksam bleibt, profitiert. Und wer unachtsam ist, der riskiert, dass sein Geld schneller verschwindet, als es angekommen ist.
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