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Nachruf: Helga Dichand ist tot

Wie in der „Krone“-Redaktion am 13.06.2024 bekanntgegeben wurde, ist Helga Dichand im Alter von 87 Jahren gestorben.

14.06.2024 13:47
red01
Starpix/picturedesk.com

Die Ehefrau des legendären Krone-Gründer Hans Dichand, Helga Dichand, gebürtige Burgenländerin aus Frauenkirchen, mit ledigem Namen Schneeberger, arbeitete bei der Krone in der TV-Redaktion und – wie die Mär erzählt – sollten sowohl Kurt Falk als auch Dichand vorgehabt haben, sie zu entlassen. Doch setzten sich Krone-Mitarbeiter so sehr für sie ein, dass das das Interesse von Hans Dichand weckte. Und der soll, dem Vernehmer nach, zu Falk gemeint haben: „Du kannst dir das Rausschmeißen sparen. Ich heirate sie.“

Helga Dichand war die „Grande Dame“ der Branche. Und da dies in keinem anderen Medium gebührend gewürdigt wird, sieht es der ExtraDienst als seine Aufgabe an, dies zu begründen: eine „Grande Dame“, sprich eine große Dame, zeichnet sich, zumindest nach der Meinung von Krethi und Plethi, üblicherweise durch einen „großen Auftritt“ aus. Mit großer Robe. Großen Worten. Großen Gesten.

Helga Dichand war das genaue Gegenteil davon. Und sie war dennoch deshalb die „Grande Dame“ der Branche, weil sie großartig, leise und verhalten agierte. Weil sie über eine Charaktereigenschaft verfügte, wie sie nur ganz wenige hierzulande haben. Umgeben von den Heerscharen der hierzulande agierenden aufgeblasenen Wichtigtuern und Selbstdarstellerinnen handelte Dichand stets besonnen, ruhig, elegant, verhalten und zurückgezogen. Kulturbeflissen, ausgestattet, wie jene, die sie persönlich kennen durften, unisono meinen, mit einer ungemein angenehmen Stimme, gebildet und – leise.

Dabei hatte sie durchaus nachhaltigen Einfluss auf die Geschicke der Kronen Zeitung. Wie übrigens jede Frau von jedem mächtigen Mann. Denn wer könnte annehmen, dass Brigitte Macron keinen Einfluss auf die Politik in Frankreich nimmt. Ebenso übte Dichand Einfluss auf die Kronen Zeitung aus. Nachhaltigkeit, Umwelt, Tierschutz waren für sie ganz besondere Anliegen. Und das sind just genau die Themen, mit denen die Kronen Zeitung furore machte und tausende Pluspunkte in Österreich sammeln konnte.

Dahingehend – das ist verbürgt – nahm sie durchaus Einfluss auf die Blattlinie und das, was in der Krone erschien (siehe Stopfenreuther Au). Dazu kam natürlich, dass viel Verantwortung auf Ihren Schultern lastete. Die Anteilsverteilung innert der Kronen Zeitung ist bekannt: Dichand musste die Interessen ihrer drei Kindern wahren, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zum einen der Erstgeborene, ein extrovertierter Nonkonformist mit Hang zur Exzentrik, Michael, dann Christoph Dichand, der Übernehmer der Kronen Zeitung und schließlich Johanna Dichand, die am Medienhaus eher weniger Interesse zeigte, stattdessen von Kunst und Kultur beseelt ist.

Wiewohl die Verfügungen ihres Erbes nicht bekannt sind, kann man davon ausgehen, dass sie den größten Wunsch Ihres 2010 verstorbenen Mannes respektieren wird: dass die Krone im Familienbesitz erhalten wird. Da wird es also schwierig sein, wem welche Anteile erblich übertragen werden, weil dies direkte Auswirkungen auf den möglichen Erwerb jener Anteile hat, die sich im Besitz der Funke Mediengruppe und des unsäglichen René Benko und irgendeiner seiner Firmengruppen befinden.

Was Christoph Dichand von seiner Mutter geerbt hat? Nun, auch diese Ruhe, den Hang zur nonverbalen Kommunikation und das „sich bedeckt halten“. Was einen natürlich viel eleganter dastehen lässt, als wenn man als Schreihals durch die Lande zieht. Am besten vermochte das zeitlebens hierzulande ein gewisser Dietrich Mateschitz. Red Bull, das stärkst kommunizierende Unternehmen Österreichs – mit einem kaum kommunizierenden Eigentümer. Der freilich in den letzten Jahren vor seinem Tod schon einmal die eine oder andere Ausnahme machte, das eine oder andere Interview oder Statement von sich gab. Im Fall von Christoph Dichand beschrieb das gegenüber ExtraDienst Michael Grabner einmal wie folgt: Er habe an einer eineinhalbstündigen Vorstandsitzung teilgenommen, wo Dichand kein Wort gesagt habe. Nur zwei Mal gutturale Laute von sich gegeben habe und mit einer Handbewegung eine Frage weggewischt hätte. Wer das sonst noch konnte: nun, der Dichand-Erzfeind Kurt Falk. Auch er war ein Meister des Kurzangebundenseins, wenn er etwa auf die Frage eines Journalisten, wie denn der Vertrieb von täglich alles geregelt sei, mit dem Wort „Morawa“ antwortete und danach meinte: „Nächste Frage?“

Eine große Dame ist gegangen. Wir sollten sie für Ihr Schaffen würdigen. Ruhen Sie in Frieden, sehr geehrte Frau Helga Dichand. Und Danke für den Einfluss, den Sie auf Österreichs größte Tageszeitung genommen haben. Der war durchaus positiv.

 

Christian W. Mucha

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