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Wie kalkulierte Skandale Marken beschädigen

Kanye West hat bei den diesjährigen Grammys mit einem kalkulierten Skandal kurzfristig an Werbewert verloren.

06.02.2025 15:44
red07
© GKI-MGM

Das 11. Gebot heißt: Du sollst dich nicht täuschen. Kanye West hat bei den diesjährigen Grammys wieder einmal bewiesen, dass er die Mechanismen der medialen Aufmerksamkeit beherrscht. Doch diesmal war es nicht nur die Provokation an sich, die für Diskussionen sorgte – sondern der Beigeschmack eines inszenierten Machtspiels. Gemeinsam mit seiner Frau Bianca Censori erschien er auf dem roten Teppich, wo sie zunächst in einen langen schwarzen Mantel gehüllt war. Dann nahm er ihr das Kleidungsstück ab und enthüllte, dass sie darunter nur ein hauchdünnes, ultrakurzes, durchsichtiges Kleid trug. Die verstörenden Bilder zeigten eine scheinbar passive, sich nur zögerlich bewegende Censori, während West neben ihr mit Sonnenbrille und fester Miene posierte – ein Bild, das weniger nach Glamour als nach einer Machtdemonstration aussah.

Während West durch seine polarisierende Persona immer wieder für Kontroversen sorgt, ist Censori mehr als nur eine Nebenfigur in diesem Spiel. Die australische Architektin und Künstlerin nutzt Mode als Ausdrucksmittel und scheint sich ihrer Wirkung bewusst zu sein. Der Grammy-Auftritt war keineswegs ihr erster provokanter Moment, sondern reiht sich in eine Serie von öffentlichen Inszenierungen ein. Doch während Wests kalkulierte Tabubrüche ihm oft hohe Medienpräsenz bescherten, scheint dieser Fall nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch mögliche wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zu ziehen.

Laut britischen Medienberichten könnte eine geplante Konzertreihe in Tokio auf der Kippe stehen, da Investoren in Japan „mit Entsetzen“ auf den Auftritt reagiert haben sollen. Ob es tatsächlich zur Absage kommt, bleibt abzuwarten. Dennoch zeigt dieser Fall einmal mehr, wie schmal der Grat zwischen kalkulierter Provokation und Markenbeschädigung ist – nicht nur für Künstler, sondern auch für Unternehmen, die auf Personality Marketing und Celebrity Endorsements setzen.

Bianca Censori – Kunstfigur oder Aushängeschild?

Während Kanye Wests Marketingstrategie auf bewusster Provokation basiert, bleibt die Rolle von Bianca Censori ambivalenter. Ist sie ein gezielt eingesetztes Stilmittel in Wests Inszenierung oder eine eigenständige Künstlerin, die ihren Körper als Medium für ihre künstlerische Arbeit nutzt?

Ihr Lebenslauf deutet darauf hin, dass ihre öffentlichen Auftritte keineswegs zufällig sind. Censori studierte Architektur und arbeitete für Wests Unternehmen Yeezy, bevor sie in die Öffentlichkeit rückte. Ihre ästhetisch radikalen Auftritte – oft mit kaum vorhandener Bekleidung – zeigen Parallelen zu Performance-Kunst* und hinterfragen gesellschaftliche Normen. Die Reaktionen sind polarisierend: Während einige sie als Opfer eines kontrollierenden Wests sehen, könnte sie auch eine strategisch handelnde Persönlichkeit sein, die sich bewusst inszeniert.

Valie Export führt Peter Weibel spazieren (1968).
* Valie Export führt Peter Weibel spazieren (1968). | © Valie Export / Wien Museum

Für Unternehmen, die auf Celebrity Endorsements setzen, stellt sich hier eine zentrale Frage: Wie viel Eigenständigkeit besitzt eine Markenbotschafterin, und inwiefern kann und soll ihr persönliches Image auf die Marke abstrahlen?

Zwischen Skandal und Markenwert

Kanye West hat in der Vergangenheit immer wieder gezielt provoziert und damit Aufmerksamkeit, Klicks und Reichweite generiert. Doch was ihm mit Kim Kardashian als Ehefrau noch als geniales Marketingmanöver gelang, könnte nun mit Bianca Censori als neuer Partnerin nicht mehr so einfach funktionieren.

Ein kalkulierter Skandal kann kurzfristig Werbewert generieren – aber wenn Investoren, Sponsoren oder Kunden abspringen, wird daraus schnell ein Minusgeschäft. In Japan scheint die Geduld mit Wests Grenzüberschreitungen erschöpft zu sein, und wenn die Berichte stimmen, kostet ihn seine jüngste Aktion nicht nur Reputation, sondern auch 20 Millionen Dollar.

Für Marken und Unternehmen bleibt der Fall ein Lehrstück: Provokation als Geschäftsmodell funktioniert nicht überall. Wer auf Personality Marketing setzt, sollte sich nicht täuschen lassen – es gibt Grenzen, die selbst für polarisierende Figuren nicht überschritten werden sollten.

(red)

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