Netflix & Co: Serien-Boom gebrochen
Im Jahr 2024 gab es einen Produktions-Rückgang von 25% bei Streaminganbietern und Fernsehsendern.

Die globale Serienproduktion ist im Vergleich zum Boomjahr 2022 um 25% gesunken. Laut dem Marktforschungsunternehmen Ampere Analysis wurden 2024 nur noch 587 Serien pro Quartal in Auftrag gegeben, nachdem es 2022 noch 777 waren.
Unterschiede bei unterschiedlichen Genres
Experten sehen den Rückgang als eine „Gesundschrumpfung“ nach dem Corona-bedingten Produktionsboom. Während der Pandemie stiegen die Produktionszahlen sprunghaft an, als Streamingdienste und Fernsehsender in einem Wettlauf um Inhalte ihre Produktionen stark ausbauten. Studios und Streaminganbieter setzen nun vor allem bei den teuereren und komplexeren Produktionen den Rotstift an. Besonders betroffen sind kostenintensive Science-Fiction-Serien und Kinderprogramme. Im Gegensatz dazu dominieren Krimis und Thriller. Diese machen in Europa mittlerweile fast ein Drittel des Programms aus. Die Nachfrage macht diese Genres zu einer sichereren Wahl für Studios und Streamingdienste, die ihre Produktionsbudgets effizienter einsetzen möchten.
Die Rolle der Öffentlich-rechtlichen steigt
In Europa sind die öffentlich-rechtlichen Sender mittlerweile zu den wichtigsten Auftraggebern für Serienproduktionen geworden. 55% aller Serienproduktionen in Europa stammen von öffentlich-rechtlichen Sendern, was deren Bedeutung für das Genre der Fernsehserien unterstreicht. In einer Zeit, in der die kommerziellen Anbieter zunehmend vorsichtiger agieren, haben die Öffentlich-rechtlichen eine Chance, sich als alternative Plattform für kreative Inhalte zu positionieren.
Die Rolle der Politik
Die politische Situation in den USA bildet einen weiterer Faktor, der die weltweite Serienproduktion beeinflusst. Besonders die Amtszeit von Präsident Donald Trump und die zunehmende Polarisierung des politischen und kulturellen Diskurses in den USA wirken sich bereits auf die Art der produzierten Inhalte aus. Gesellschaftspolitische Themen werden teilweise entschärft oder ganz vermieden, um keine Kontroversen zu erzeugen. In Europa könnten diese politischen Entwicklungen sogar positive Folgen haben. Insbesondere europäische Produktionen, die sich mit Themen befassen, die in den USA politisch oder kulturell schwierig geworden sind, könnten verstärkt in den Fokus rücken. So könnte Europa zum Zentrum für Stoffe werden, die in den USA aufgrund der politischen Sensibilität nicht im selben Rahmen umzusetzen sind.
Plattform für internationale Kooperationen
Das internationale Fernsehserien-Festival „Series Mania“ lockte dieses Jahr 4.500 Fachbesucher aus 80 Ländern an. Damit hat es sich als wichtige Plattform für die Präsentation neuer Serienprojekte etabliert. 48 Premieren aus 19 Ländern wurden in diesem Jahr gezeigt. Die Veranstaltung bot einen Raum für Diskussionen über die Zukunft der Serienproduktion und die Herausforderungen, denen die Branche angesichts politischer, kultureller und wirtschaftlicher Veränderungen gegenübersteht. Die aktuellen Entwicklungen zeigen jedenfalls, dass Europa als zunehmend wichtigerer Player auf dem internationalen Serienmarkt fungiert. Insbesondere in einer Zeit, in der Studios und Streamingdienste aus den USA zurückhaltender bei gesellschaftspolitischen Inhalten werden, könnte Europa zum kreativen Gegenpol werden, der innovative und politisch vielfältige Serienproduktionen ermöglicht.
(PA/red)