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Weißmann peilt trotz “Riesenspagat” ORF für alle an

 ORF-Chef kündigt "Mut zur Lücke" und stärkere Themenclusterung an - Publikumsräte empfehlen mehr Wirtschafts-, Europa- und Sicherheitsberichterstattung
©APA/GEORG HOCHMUTH

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann zeigt sich entschlossen, den Weg hin zu einem ORF für alle zu forcieren, auch wenn das ein “Riesenspagat” sei. Das vorhandene Geld müsse man noch besser einsetzen und zudem Programme für neue Zielgruppen anbieten, so der ORF-Chef in einer Publikumsratsitzung. Das öffentlich-rechtliche Medienhaus erreicht ca. ein Viertel der Bevölkerung schwer. Mit 2024 müssen aber alle Haushalte unabhängig von der Nutzung einen ORF-Beitrag entrichten.

Die Umstellung von der gerätegekoppelten GIS-Gebühr hin zu einer geräteunabhängigen Haushaltsabgabe ist Teil eines neuen ORF-Gesetzes, das zuletzt den Verfassungsausschuss im Parlament passierte. Weißmann bezeichnete das Gesetz, das dem ORF auch mehr Möglichkeiten im Digitalen gewährt, als “guten Kompromiss für den gesamten Medienstandort”. Weiterhin präsent sein darf der ORF auf Social-Media-Plattformen, was heiß umstritten ist. Eine Social-Media-Strategie liege fertig in der Schublade, so der ORF-Chef. Mit dem Inkrafttreten des neuen ORF-Gesetz, das wohl Anfang Juli im Nationalrat beschlossen wird, werde man diese Strategie ausrollen.

Künftig werde auch “Mut zur Lücke” ein wichtiges Thema im ORF sein, sagte Weißmann etwa mit Blick auf die derzeit rund 120 ORF-Podcasts. Auch wolle man künftig verstärkt Themen clustern, um sie auffindbarer zu machen. “Auf unserem ORF-Player wird man interessante Themen suchen können”, so der ORF-Chef. Mittelfristig werde es egal sein, wann Inhalte linear ausgestrahlt werden. Das Publikum wolle man bei diesem Prozess aber “mitnehmen”. So manches Programm wird bereits bis zu 25 Prozent On-Demand genutzt. Speziell im Fiction- und Dokumentationsbereich ist die nonlineare Nutzung hoch.

Gearbeitet wird im ORF an einem Grundsatzpapier zum Thema Künstliche Intelligenz. “Das wird sicher ein Megathema der kommenden Jahre. Wir sind bereits gewappnet”, so Weißmann. Der ORF-Chef sieht viele Chance, aber auch Risiken mit KI einhergehen, die großen Einfluss auf das journalistische Arbeiten haben werden.

Die Publikumsräte verabschiedeten in der Sitzung am Donnerstag eine Empfehlung an die Geschäftsführung auf Basis einer Umfrage. Demnach habe die Befragung von 1.000 Personen zu den Erwartungen des Publikums an die Wirtschafts-, Europa- und Sicherheitsberichterstattung ergeben, dass die Themen Sicherheit und Europa 76 Prozent der Befragten sehr oder ziemlich, das Thema Wirtschaft 69 Prozent interessiert. Als aktuell stufen 65 Prozent der Befragten die ORF-Berichterstattung zu diesen drei Themenkomplexen ein. 62 Prozent erachten sie als verständlich aufbereitet. Dass dabei Hintergrundwissen vermittelt wird, dem stimmen nur 43 Prozent sehr oder eher zu. Besonders hoch ist das Interesse mit 83 Prozent der Befragten an aktuellen Kurznachrichten.

Bei der Zufriedenheit mit dem Programmangebot ist noch Luft nach oben. Mit der Wirtschaftsberichterstattung sind 12 Prozent sehr und 34 Prozent eher zufrieden. Die Hälfte der Befragten wünscht sich hier mehr Infos beim Thema “Lehre/Ausbildung/Berufe”. Mit der Europaberichterstattung zeigen sich 14 Prozent sehr und 31 Prozent eher zufrieden. 40 Prozent wünschen sich mehr Infos rund um europapolitische Anliegen in bzw. von Österreich. Mit dem Berichterstattung über Sicherheit und Sicherheitspolitik sind 12 Prozent sehr und 28 Prozent eher zufrieden. Mehr Informationen zum Thema “Cybersicherheit” wünschen sich 49 Prozent.

Der Publikumsrat empfiehlt eine Erweiterung des Angebots im Bereich Lehre, Ausbildung und Berufe insbesondere mit Blick auf jüngere Zielgruppen. Im Bereich Sicherheit fordern die Rätinnen und Räte eine verstärkt serviceorientierte Berichterstattung rund um Digitalisierungs- und Sicherheitsfragen.

Dass es bei der Wirtschaftsbildung in Österreich Luft nach oben gebe, sei bekannt, so “ZiB”-Wirtschaftschefin Barbara Battisti. Der ORF könne hier aber einen wichtigen Beitrag leisten, indem bei relevanten Geschichten auch wirtschaftliche Aspekte mitgedacht und erklärt werden. Oberste Prämissen seien dabei Verständlichkeit und Nähe, wobei auch Wirtschaftsberichterstattung durchaus mal überraschend sein dürfe. Personell komme man teilweise aber an die Grenzen, so Battisti.

APA/Red.

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