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ProSiebenSat.1-Führung nickt MFE-Übernahme ab

Vorstand und Aufsichtsrat empfehlen Aktionären, Angebot der italienischen Berlusconi-Holding MFE anzunehmen.

06.08.2025 13:28
Redaktion
© ProSiebenSat.1
Der Vorstand der ProSiebenSat.1 Media SE

Der deutsche TV-Konzern ProSiebenSat.1 stellt sich nicht länger gegen eine Übernahme durch die italienische Berlusconi-Holding MediaForEurope (MFE). Vorstand und Aufsichtsrat erklärten am Mittwoch offiziell, dass sie den Aktionären empfehlen, das jüngst aufgestockte Offert der Italiener anzunehmen. Das Angebot – bestehend aus rund 4,48 Euro in bar sowie 1,3 A-Aktien von MFE, insgesamt gut 8 Euro pro Anteilsschein – sei „angemessen“.

Strategiewechsel nach langem Widerstand

Damit rückt ein vollständiger Verkauf der Sendergruppe – zu der neben Pro7, Sat.1 und Kabel 1 auch die österreichischen Sender Puls 4 und ATV gehören – an MFE in greifbare Nähe. Bindend ist die Empfehlung für die Aktionäre allerdings nicht. Die von der Familie Berlusconi dominierte MFE hatte ihr Angebot erst vergangene Woche erhöht. Bis dahin hatte der Konzern die Offerte des zweitgrößten Aktionärs PPF favorisiert, der die bisherige Unabhängigkeitsstrategie unterstützte. Doch PPF erteilte einer Nachbesserung über 7 Euro je Aktie am Freitag eine klare Absage. Beide Angebote laufen noch bis 13. August.

Bereits nach der Aufstockung hatte sich ein Sinneswandel bei Konzernchef Bert Habets abgezeichnet. In der offiziellen Stellungnahme betont er nun, das neue MFE-Angebot zeige ein „langfristig angelegtes Investment und Engagement in ProSiebenSat.1“. Die Empfehlung ist zugleich ein Eingeständnis, dass sich der Aktienkurs wohl nicht aus eigener Kraft über das Niveau des MFE-Angebots steigern lässt.

Synergien nur bei Integration

Der Vorstand argumentiert, dass die von MFE in Aussicht gestellten Kostensynergien – bis zu 150 Mio. Euro jährlich – nur erreichbar seien, wenn ProSiebenSat.1 vollständig integriert wird. Dazu müsste MFE rund 75 Prozent der Anteile erreichen; aktuell hält die italienische Gruppe gut ein Drittel, PPF rund 16 Prozent. Aktionäre sollten zudem prüfen, ob ein Verkauf über die Börse – wo der Kurs am Mittwoch bei 7,95 Euro lag – eine Alternative ist.

Kritik von Journalistenverband

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte mit scharfer Kritik. MFE biete „keine Gewähr für den Fortbestand von Medienvielfalt und kritischem Journalismus“, warnte DJV-Chef Mika Beuster. Zudem sei zu befürchten, dass der Konzern „auf populistische Berlusconi-Linie getrimmt“ werde und journalistische Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Beuster forderte die Politik auf, sich klar zu positionieren. Die bayerische Staatsregierung, zuständig für den in Unterföhring ansässigen Konzern, äußerte sich hingegen positiv zum MFE-Angebot.

Europäischer Medienplayer

MFE verfolgt das Ziel, einen paneuropäischen TV-Konzern aufzubauen, um den großen US-Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime stärker entgegentreten zu können. Geplant sind länderübergreifende Werbeverträge, gemeinsame Technikplattformen und möglicherweise auch die Produktion gemeinsamer Inhalte. Ob damit die versprochenen Einsparungen von bis zu 225 Mio. Euro erreichbar sind, bleibt umstritten.

(APA/red)

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