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Pitch mit Punch

Wenn es beim Pitch hart auf hart geht, entscheidet oft nicht die brillante Idee.
© Adobe Stock

Gute Abschlüsse sind kein Zufall: Wenn es beim Pitch hart auf hart geht, dann entscheidet oft nicht die brillante Idee über Sein oder Nichtsein bei der Wettbewerbs-Präsentation, sondern überraschende Verführungen, kleine Mätzchen und unerwartete Psychotricks. Hüten sollte man sich nur vor dreckigen Fußnägeln. ExtraDienst brachte Top-Proponenten der Branche dazu, ihre Trick-Kisten zu öffnen.

Von Christian Prenger

Es ist eine haarige Angelegenheit. Während draußen der Hochsommer die Laune hebt, steigt im Besprechungsraum des Unternehmens die geschäftliche Temperatur. Das Spektakel nähert sich kontinuierlich jenem Siedepunkt, mit dem garantiert keiner gerechnet hat. Der Agenturchef hat nämlich eine extravagante Einlage vorbereitet, wie sie bei solchen Anlässen selten zu sehen ist. Geplant ist der Auftritt des neuen Testimonials – gehüllt in ein Fellkostüm. Jenes Kampagnen-Zugpferd wartet einstweilen in einer kleinen Kammer auf seinen großen Auftritt.

Dann kommt alles anders. Die Räumlichkeit ist nicht klimatisiert, 35 Grad im Schatten bilden eine probate Basis für jeglichen Kreislauf-Super-GAU. Als die Türe nach schier endlosen Minuten endlich aufgeht, ist das bedauernswerte Hitzeopfer bereits halb kollabiert. Völlig erschöpft taumelt der Überraschungsgast vor die versammelte Mannschaft.

Mit absehbaren Konsequenzen. „Die Sache ist einem Kollegen passiert. Selbstverständlich war von einem Gewinn des Etats keine Rede mehr“, erinnert sich Reinhard Pickl, Chef der Agentur Joe’s Garage. Für ihn kommen spektakuläre Manöver nicht aus heiterem Himmel: „Gerade bei Wettbewerbs-Präsentationen wird oft versucht, durch spezielles Auftreten besser in Erinnerung zu bleiben. Oder besonders überzeugend zu wirken. Schließlich will jeder Kreative als Sieger vom Platz gehen.“

Statt frustriert den Heimweg anzutreten. Besagtes Kräftemessen ist schließlich kein lauschiges Get-together mit Fingerfood. Sondern das Klopfen an eine verriegelte wirtschaftliche Eingangstüre, hinter der Kohle und Kunden warten. Aufsperren wollen auch alle Mitbewerber, die nicht im Geringsten an eine Niederlage denken. Bei diesem Ringen führt der Erfolg ausschließlich über fachliche Mittel, versichern die meisten Kreativen. Ihr Tenor ist einhellig: Wir gewinnen nur mit der überzeugenden Idee, Tricks kennen wir überhaupt keine und wenn machen das nur die anderen. Die Realität sieht dann häufig völlig anders aus.

Positive Chemie

Natürlich greifen Fachkräfte in die Kiste mit kleinen und großen Psychotricks, wenn es hart auf hart geht. Kniffe, Mätzchen und andere Essenzen avancieren dann zu Stimmungsaufhellern, die toughe Entscheider mehr oder minder subtil beeinflussen sollen. Schließlich sitzen auf der Unternehmensseite Menschen mit entsprechenden Eigenschaften – trotz aller beinharter Fassaden. Aber positive Chemie oder Sympathie sind keine lauen Lüftchen im Etat-Ring. Sondern mentale Treiber, die den Ausschlag geben, wenn mehrere Bewerber Kopf an Kopf liegen.

Hinweise auf ein fragwürdiges Vorgehen erübrigen sich ebenso wie moralische Einwände, vermerken Profis von beiden Seiten einer Präsentation. Die Devise könnte hier lauten: Intelligent tricksen – warum nicht. Hinterhältig schummeln – sicher nicht. Ausgewählte Weichspüler für kritische Führungskräfte zählen heute in jeder Industrie zum Konkurrenz-Alltag. In so manchen Begegnungszonen ist dieses Repertoire noch bedeutsamer. Schließlich gelten Werbung, PR oder Marketing bekanntlich als lupenreines „People Business“. Dort sind Soft Skills eben keine exotischen Gewächse neben Daten, Zahlen und Fakten.

Ein gewisses Rüstzeug aus Emotion und Erfahrung abseits fachlicher Kompetenz kann ohnehin keineswegs schaden. Denn das Rennen um einen Etat ist alles andere als eine kleine wirtschaftliche Fingerübung. „Es geht schließlich beim Pitch um eine wichtige Entscheidung für Jahre. Dabei gibt es sichtbare Faktoren wie Konzept, Idee, Team, Preis und die positive Grundeinstellung durch Kommunikation mit den Kreativen. Genauso maßgebend sind unsichtbare Faktoren wie Beratungskompetenz oder die Zusammensetzung der Jury“, weiß Angelika Hammer.

Die Geschäftsführerin der Multimedia-Agentur kraftwerk verweist dabei auf zwei höchst unterschiedliche Job-Philosophien. Gewisse Kreativschmieden zeigen wenig noble Zurückhaltung und agieren mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln. Ihre einfühlsamen Pendants vertrauen hingegen auf pure Leistung sowie die aufrechte Haltung von Wirtschaftstreibenden. Dieses Reinheitsgebot mag das persönliche Karma mit Pluspunkten füttern, doch die monetären Früchte ernten öfter die lautstarken Selbstdarsteller.

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