Graz-Attentat: Presserat prüft Medienberichte
Zu den medienethischen Fragen erreichte ExtraDienst Dr. Alexander Warzilek, den Geschäftsführer des Österreichischen Presserats.

Nach dem tödlichen Angriff auf eine Schule in Graz stehen mehrere Medien wegen ihrer Berichterstattung in der Kritik. ExtraDienst sprach mit Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek über Herkunftsnennung, Persönlichkeitsschutz und laufende Beschwerden gegen Boulevardmedien.
ExtraDienst:
In den sozialen Medien, aber auch in einzelnen Medien, kursiert der Name und das Gesicht des Graz-Attentäters. Dazu Postings, dass es sich dabei nicht – wie von den meisten Medien genannt – um einen Österreicher, sondern um eine Person armenischen Ursprungs mit einem armenischen Namen handelt. Wie sehen Sie das?
Alexander Warzilek:
Wir haben uns 2015 anlässlich der Flüchtlingskrise mit dem Thema beschäftigt. Und damals auch einen Verhaltenskatalog erstellt. Grundsätzlich geht daraus hervor, dass die bloße Nennung der Herkunft für sich allein keinen medienrechtlichen Verstoß darstellt. Man muss sich dabei freilich überlegen, ob die Herkunft relevant ist. Im Fall von Graz sieht das etwas anders aus, denn dabei handelt es sich ja offenkundig um einen österreichischen Staatsbürger. Ich möchte mich diesbezüglich aber bewusst ganz allgemein halten, weil es möglich ist, dass es dazu noch Anzeigen gibt. Und ich möchte dann einem möglichen Entscheid des Senats nicht vorgreifen.
ED:
Was sagen Sie dazu, dass einzelne Medien, wie zum Beispiel die Krone oder Exxpress, Videos von flüchtenden Kindern – ja, sogar von Leichensäcken und deren Abtransport – gezeigt haben?
Alexander Warzilek:
Diesbezüglich sind bereits mehrere Beschwerden beim Presserat eingelangt. Anfang Juli wird sich der Senat II damit auseinandersetzen. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Was meine eigene Meinung betrifft: Es ist natürlich ein Spannungsfeld bei so einer dramatischen Situation – zwischen Informationsbedürfnis und gleichzeitig der Abwägung des Persönlichkeitsschutzes. Der ja bei Minderjährigen ganz besonders schützenswert ist. Nach dem, was ich gesehen habe, waren die Gesichter der Minderjährigen, die geflüchtet sind, nicht zu erkennen. Es gilt aber da für das einzelne Medium sorgfältig abzuwägen, was publiziert wird. Mehr möchte ich zu der Sache vorerst nicht sagen, bis der Senat dazu ein Urteil gefällt hat.
Ich empfehle jedoch gerne ein Gespräch mit Prof. Mag. Dr. Susanne Kissich, die sich an der Universität Graz mit dem Thema Persönlichkeitsschutz ganz besonders profund auseinandergesetzt hat.
ExtraDienst:
Danke für das Gespräch.
Anmerkung: Das Interview mit Frau Dr. Kissich lesen Sie hier.
Weiterlesen: Hier geht’s zum persönlichen Kommentar des Herausgebers.