Ein Roboter wirbt für Steuerfairness
Arbeitnehmer tragen die Hauptlast der Steuern, während Maschinen keinen Beitrag leisten, lautet die Botschaft der AK-NÖ-Kampagne.
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Mit der Kampagne „Mensch-Maschine“ hat die Arbeiterkammer Niederösterreich (AK NÖ) eine Diskussion über die Verteilung der Steuerlast und die Zukunft der Arbeit angestoßen. Im Mittelpunkt steht ein ungewöhnlicher Dialog: Ein Mensch konfrontiert einen Roboter über gesellschaftliche Verantwortung, Steuerpolitik und die Frage, wer welchen Beitrag leistet.
Die Botschaft der Kampagne ist klar: Arbeitnehmer:innen tragen die Hauptlast der Steuern, während Maschinen keinen Beitrag leisten. Mit dieser plakativ inszenierten Gegenüberstellung möchte die AK NÖ auf die wachsende Bedeutung der automatisierten Wertschöpfung aufmerksam machen und die Forderung nach einer gerechteren Verteilung der Steuerlast formulieren.
Eine provokante Botschaft
Eine zentrale Aussage der Kampagne lautet, dass 80 % der Steuerlast von arbeitenden Menschen getragen werden, während ihnen nur 60 % der Wertschöpfung zukommt. Diese Zahlen sollen die ungleiche Verteilung der Steuerlast verdeutlichen und zum Nachdenken anregen.
Doch bei dieser Zahl lohnt sich ein genauerer Blick, denn andere Schätzungen beziffern den Anteil der Steuerlast, den private Haushalte und Arbeitnehmer:innen tragen, um rund 25 % geringer ein, je nach Methodik. Die 80 %-Zahl ist womöglich eher plakativ und ein dramatischer Appell, der die Notwendigkeit eines Solidarausgleichs betonen soll.
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Roboter als Symbol für das Kapital
Der Roboter in der Kampagne steht nicht nur für Automatisierung und Digitalisierung, sondern auch als Symbol für maschinelle Wertschöpfung und das moderne Kapital. Die Kampagne möchte auf die wachsende Diskrepanz zwischen klassischer Erwerbsarbeit und automatisierter Produktivität hinweisen. Die Botschaft: Unternehmen, die durch Automatisierung hohe Gewinne erzielen, sollten stärker zur Finanzierung des Sozialstaats beitragen.
Doch anstatt den klassischen Vertreter des Kapitals – etwa einen männlichen Manager im Anzug – zu wählen, setzt die Kampagne bewusst auf einen emotionalisierten Roboter. Dieser Kniff sorgt für Aufmerksamkeit, führt aber auch zu Verwirrung über die tatsächliche Benennung des Problems.
Der Roboter als Gesprächspartner
Auf den Plakaten spricht der Mensch den Roboter mit Vorwürfen direkt an:
- „Menschen wie ich leisten viel ehrenamtliche Arbeit. Du tust das nicht.“
- „Allein durch unseren Konsum zahlen wir Menschen 22 % aller Steuern. Du kaufst nichts.“
Und der Roboter? Er stimmt einfach zu.
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Diese Zuspitzung sorgt zweifellos für Aufmerksamkeit. Doch sie wirft auch die Frage auf, wie zielführend eine solche Vermenschlichung des Roboters tatsächlich ist. Maschinen haben keine eigenen Interessen, keine Verantwortung und kein Bewusstsein. Sie sind Werkzeuge, nicht gleichberechtigte Akteure in gesellschaftlichen Prozessen.
Die Rolle des Roboters als zustimmender Gesprächspartner schafft auf den ersten Blick eine provokante und emotionale Ebene – doch könnte sie auch dazu führen, von den eigentlichen Ursachen der hohen Steuerlast für Arbeitnehmer abzulenken. Die liegen bekanntlich beim Sozialsystem und der Gesetzgebung
Zielführend oder überinszeniert?
Die Kampagne will eine wichtige Debatte über die Zukunft der Arbeit und die gerechte Verteilung der Steuerlast anstoßen – und das ist ihr zweifellos gelungen. Die Frage, wie der Sozialstaat in einer automatisierten Welt nachhaltig finanziert werden kann, bleibt hochaktuell.
Doch während die Kampagne die richtigen Fragen stellt, kommen die Antworten scheinbar aus dem falschen Mund. Der CGI-Roboter aus dem Stock-Katalog muss keine 80% Steuerabgaben für seinen Auftritt abliefern – soviel steht fest. Statt ihn für den Wahrheitsbeweis antreten zu lassen, wäre eine menschliche Lösung glaubwürdiger gewesen. Rein handwerklich ist die Kampagne von Gartner und Enzi souverän umgesetzt worden.
(PA/red)