ServusTV bedient die Links-Rechts-Mitte
Das wöchentliche Format „Links. Rechts. Mitte“ inszeniert Streitkultur, ohne die Grenzen ernsthaft zu verschieben.

Die Diskussionssendung „Links. Rechts. Mitte – Duell der Meinungsmacher“ am Sonntagabend auf ServusTV reiht sich in eine Formatreihe ein, die immer beliebter wird bei Sendungsmachern. Mittlerweile hat man auch im ORF mit „Das Gespräch“ erkannt, dass das sprichwörtliche „Talk is cheap“-Konzept durchaus gewinnbringend sein kann.
Worum geht es? Influencer, Meinungsmacher, Expert:innen werden ins Studio geladen und diskutieren im Rahmen eines vorgegebenen Themas. Den Vorteil haben beide Seiten: Für den Sender fallen geringe Kosten an, da keine Schauspielgagen fällig werden, und die Gäste profitieren vom Promi-Status, den sie anderweitig nützen können. Gemeinsam ist ihnen, dass sie jedes Mal aufs Neue definieren, was sagbar bleibt an den Stammtischen des Landes. ServusTV bildet hier keine Ausnahme und liefert, was man von allen TV-Anbietern kennt.

Moderiert von Michael Fleischhacker oder Katrin Prähauser versammeln sich zum “Duell der Meinungsmacher” Stimmen aus Politik, Medien und Wissenschaft. Die Themen reichen von Sozialpolitik über Migration bis zu internationalen Konflikten. Seit dem Tod von Dietrich Mateschitz und dem Abgang Ferdinand Wegscheiders setzt der Sender sichtbar stärker auf Debatten, die keine zusätzlichen Schwurbler in den Bann des Senders ziehen soll.
Themen und Gäste
Wer öfter zusieht, erkennt rasch wiederkehrende Muster. Wirtschaftskrise, Migration, Inflation, Rentenpolitik und EU-Finanzen sind Fixpunkte, flankiert von Sicherheitsthemen oder internationalen Konflikten. Typisch für das Format ist die Zuspitzung der Titel: „Österreich in der Krise: Aufbegehren der Bürger?“, „Frauen, Fremde, Übergriffe: Verlieren wir die Kontrolle?“ – fast immer wird ein Alarmton angeschlagen.

Auch die Gästeliste folgt Schablonen: Roger Köppel, Andreas Mölzer oder Peter Westenthaler vertreten die rechte Seite; als Gegengewicht treten häufig Standard- oder Falter-Redakteure oder ausgewiesene Parteivertreter auf. Dazwischen finden sich Ökonomen, ehemalige Politiker oder Spindoktoren, die Expertise beisteuern sollen. Die Dramaturgie: harte Titel, kalkulierte Reibung, kontrollierter Schlagabtausch.
Moderatoren als Taktgeber
Michael Fleischhacker gilt als routinierter Gastgeber, der Konfrontationen anstößt und zugleich austariert. Seine Technik erinnert an Markus Lanz: Er wirft provokante Fragen in den Raum, nimmt die stärksten Punkte vorweg, um dann in Nebenaspekte abzudriften – die Gäste dürfen die übrig gebliebenen Krümel aufgreifen. So werden zentrale Streitpunkte relativiert. Katrin Prähauser agiert weniger konfrontativ, eher im klassischen Moderationsstil. Sie hält den Gesprächsfluss aufrecht aber ist sofort zur Stelle um zu blocken, wenn die Diskussion zu radikal oder für ServusTV-Seher:innen unpassend wird.
Im TV-Studio zu Gast
„Links. Rechts. Mitte – Duell der Meinungsmacher“ will Streitkultur inszenieren, weil emotionale Auseinandersetzungen als glaubwürdiger empfunden werden. Dass sich die Gäste oft gut kennen, ist kein Geheimnis. Es sind dieselben Gesichter, die auch in anderen Privatsendern oder im ORF auftreten und die sich regelmäßig begegnen. Backstage verbindet sie mehr, als die hitzigen Wortwechsel vermuten lassen. Am Ende bleibt die Debatte in paradoxem Gleichgewicht: aufregend in den Ankündigungstexten, gesittet im Diskutieren, zahm im Ergebnis.
Für den Sender liegt das Kalkül auf der Hand: Man zeigt sich pluralistisch, ohne die Grenzen des Sagbaren ernsthaft zu verschieben. Für das Publikum bedeutet das verlässliche Reibung am Sonntagabend – ein politisches Feuilleton im Talkshow-Gewand, das keine Revolution auslöst, sondern den Status quo verwaltet.
Wegscheiders Kasperl
Wenn Wegscheiders Kasperl endgültig in der Puppenkiste verschwindet, wird es eng für die verbliebenen Liebhaber:innen des „alten“ Senders und seines rebellischen Wahr-Sagers. Das könnte auch auf „Links. Rechts. Mitte – Duell der Meinungsmacher“ abfärben, das bereits eine ruhigere Linie eingeschlagen hat – verglichen mit den Jahren, als Kritik an Politik und Medien noch mit härteren Bandagen ausgetragen wurde. Die Zukunft des Formats deutet klar auf den goldenen Mittelweg – im zweidimensionalen Spektrum wohlgemerkt.
(red)