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Europarat befasst sich mit Fall Thalhammer

Ein Villacher Urteil zur X-Post-Löschung nach dem Hass im Netz-Gesetz sorgt nun für internationale Aufmerksamkeit.

27.08.2025 11:30
Redaktion
© Alexandra Unger/profil
profil-Herausgeberin Anna Thalhammer

Die vom Bezirksgericht Villach verfügte Löschung eines X-Posts von “profil”-Chefredakteurin Anna Thalhammer erhält nun auch die Aufmerksamkeit des Europarates. Der Fall wurde diese Woche als “Alert” auf einer der Sicherheit von Journalisten gewidmeten Internetplattform des Europarates publiziert, die “ernsthafte Bedrohungen der Medienfreiheit” in ganz Europa dokumentiert.

Der frühere Verfassungsschützer Egisto Ott hatte die Gerichtsentscheidung auf Basis einer erst im Jahr 2021 im Kampf gegen Hass im Netz eingeführten Bestimmung der Zivilprozessordnung erwirkt. Der entsprechende Paragraf sieht vor, dass Gerichte bei behaupteten Persönlichkeitsverletzungen ohne mündliche Verhandlung und ohne Vernehmung der beklagten Partei Löschungen zu verfügen haben.

Thalhammer hatte Ende Juni einen X-Post des bulgarischen Investigativjournalisten Christo Grozev weiter verbreitet, in dem es wörtlich hieß: “Egisto Ott (rechts), ein früherer österreichischer Sicherheitsbeamter, der mich und Dutzende weitere für die Russen ausspionierte, und auch einmal ein Empfehlungsmemo an den (russischen Geheimdienst, Anm.) FSB verfasste, damit sie nicht geschnappt werden, wenn sie das nächste Mal jemanden ermorden, wird der rote Teppich ausgerollt. Widerlich.” Grozev hatte sich darüber empört, dass Ott am roten Teppich der Premiere des Films “Spy Capital Vienna 2” zu sehen war.

Thalhammer verbreitete den Post Grozevs mit hunderten anderen X-Nutzern weiter, wobei sie ihren Re-Post mit dem zustimmenden Wort “Jup.” versah. Ott reagierte daraufhin mit einem Unterlassungsauftrag, in dem es laut einem “profil”-Bericht hieß: “Ich wurde durch diesen, gegen mich gerichteten Inhalt in meiner Menschenwürde verletzt.” Ott lasse sich “nicht öffentlich als einer von Putins Top-Spionen verleumden und nachsagen, dass er beim Tiergartenmord Verbesserungsvorschläge für den FSB geschrieben hat”, so Anwalt Robert Kerschbaumer, der eine Verletzung der Unschuldsvermutung sieht.

Thalhammers Anwalt Michael Borsky bezeichnete es als “relativ chancenlos”, dass Otts Unterlassungsklage vor Gericht hält, weil das Posting inhaltlich in Ordnung sei. Ott sei nämlich eine Person von öffentlichem Interesse, bei der schon ein dünnes Tatsachensubstrat ausreiche. “Das ist hier ganz sicher gegeben.” Thalhammer selbst betonte, dass das von Ott gewählte Vorgehen im Hass-im-Netz-Gesetz “normalerweise für Härtefälle vorgesehen” sei. “Ich bin doch überrascht, dass ein Retweet eines investigativen, Kreml-kritischen Journalisten als solcher angesehen wird.”

(APA)

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