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Das Pressehaus St. Pölten steht zum Verkauf

Die NÖN gibt ihren traditionsreichen Standort auf und sucht eine neue Zentrale – deutlich kleiner und günstiger.

15.07.2025 9:59
Redaktion
© NÖN
NÖN

Das Areal des Niederösterreichischen Pressehauses umfasst mehr als 48.000 Quadratmeter. Nun soll es veräußert werden. Der Verkauf bedeutet auch einen symbolischen Bruch: Das Gebäude gilt als Herzstück des 1874 gegründeten Pressehauses. Der künftige Fokus liegt auf Reduktion: Die NÖN möchte nur noch rund 1.200 Quadratmeter Bürofläche in St. Pölten anmieten – ein Bruchteil der bisherigen 6.000 Quadratmeter.

„Wir haben einfach viel zu viel Platz“, sagt Geschäftsführer Gert Bergmann. Der neue Mann an der Spitze spricht offen von einem „klassischen Fall von Misswirtschaft“, den es zu beheben gelte. Der geplante Standortwechsel soll helfen, effizienter zu wirtschaften – auch personell. Aktuell zählt das Medienhaus rund 180 Angestellte, ergänzt durch 250 freie Mitarbeiter in ganz Niederösterreich.

Restrukturierung angelaufen

Der Verkauf des Gebäudes ist Teil einer tiefergreifenden Transformation. Bergmann, der Anfang April die Geschäftsführung von Michael Ausserer übernommen hat, steht vor einem Berg finanzieller Altlasten. Das Pressehaus meldete für 2024 einen Bilanzverlust in Millionenhöhe – verursacht durch Verluste aus den Vorjahren. Das Stammkapital wurde im März auf lediglich 35.000 Euro reduziert. Bergmanns Aufgabe: das Medienhaus operativ zukunftsfit machen, die Online-Präsenz stärken, die Marken NÖN und BVZ weiterentwickeln.

Ein Standort unter Druck

Der Verkauf des Pressehauses steht auch im Zusammenhang mit der Schließung der dort ansässigen Rollenoffset-Druckerei von Walstead Leykam. Diese hatte im Februar 2025 angekündigt, ihren Standort in St. Pölten bis Jahresende zu schließen. 55 direkte Mitarbeiter verlieren ihren Job. Für die Stadt St. Pölten ist das ein doppelter Rückschlag: Arbeitsplatzverlust und der mögliche Verlust eines symbolträchtigen Medienstandorts.

Hinter der Entscheidung von Walstead steckt jedoch mehr als reine Wirtschaftlichkeit. Die britische Unternehmensgruppe fährt seit Jahren einen harten Sparkurs in Österreich. 2023 wurde bereits der Standort Müllendorf geschlossen, Neudörfl wurde ausgedünnt. Die verbleibenden Aktivitäten konzentrieren sich zunehmend auf Standorte in Osteuropa – dort, wo Produktionskosten niedriger sind.

Druckindustrie am Wendepunkt

Die offizielle Begründung für den Rückzug aus St. Pölten lautet „Marktveränderungen und hohe Kosten“. Tatsächlich befindet sich die gesamte Druckbranche im Wandel: Die Nachfrage sinkt, digitale Medien verdrängen den klassischen Druck, und das Überangebot an Produktionskapazitäten drückt auf die Preise.

Der gleichzeitige Abzug des Druckstandorts und der Verkauf der Immobilie werfen grundsätzliche Fragen auf: Wie lange können Medienhäuser noch auf Print setzen? Für das Pressehaus selbst markiert der Verkauf den Beginn eines Neustarts.

(red)

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