Kein Platz für Agenturen im Trump-Flieger
Dass keine Agenturreporter an Bord der Air Force One mitfliegen durften, sei „beispiellos“ und falsch.

Erstmals seit Jahrzehnten ist bei einer Auslandsreise eines US-Präsidentschaftskandidaten kein Vertreter der bislang bevorzugten Nachrichtenagenturen an Bord der Air Force One. Was viele Beobachter als Tabubruch werten, wird von anderen als ein Zeichen für den medialen Wandel gesehen – und eine Umverteilung der Macht im Informationsgeschäft.
WHCA beklagt „gefährlichen Präzedenzfall“
Die White House Correspondents’ Association (WHCA) reagierte scharf auf den Bedeutungsverlust: Dass keine Agenturreporter mitfliegen durften, sei „beispiellos“ und gefährde die unabhängige Berichterstattung. Hintergrund ist eine Entscheidung des Trump-Teams, die wenigen Plätze im mitreisenden Pressepool an andere Medien zu vergeben. Wer genau an Bord war, blieb zunächst unklar.
Für die WHCA steht fest: Ein Arbeitsplatz im Flieger dreier ganz bestimmter Nachrichtenagenturen sei Voraussetzung für faire, transparente Beobachtung politischer Spitzenakteure.
Privilegien unter Beobachtung
Traditionell gelten Agenturen wie AP, Reuters oder Bloomberg als Rückgrat des „Travel Pool“. Ihre Meldungen erreichen Tausende Redaktionen weltweit. Dass sie nun erstmals außen vor bleiben, wirft Fragen auf: Geht es um gezielte Ausgrenzung oder um eine überfällige Neubewertung journalistischer Rollenverteilung?
Fakt ist: Der Zugang zu politischen Briefings war nie breiter. Während der Biden-Jahre fanden kaum spontane Pressegespräche statt – Trump hingegen sorgt mit seiner Konfrontationslust dafür, dass wieder regelmäßig Pressetermine abgehalten werden.
Neue Medien, neue Regeln
In der Ära digitaler Echtzeitkommunikation werden klassische Agenturjournalisten nicht automatisch als „objektiver“ wahrgenommen, als ihre mitreisenden Kollegen. Neue Medien, Blogs, Videoformate und Social Channels fordern ihr Mitspracherecht ein und stehen in puncto Schnelligkeit in der Nachrichtenverbreitung ihren Kollegen um nichts nach. Kommunikation in Echtzeit war früher technisch aufwendig und teuer – heute kann jeder Reporter mit einem Smartphone einen Live-Stream aufsetzen.
Dass Trumps Auswahl vor allem ihm wohlgesonnene Medien berücksichtigt, ist unbestritten – ebenso wie die Tatsache, dass er medial überwiegend kritisch begleitet wird. Und das bleibt auch so – mit oder ohne Nachrichtenagenturen an Bord der Air Force One.
(red)