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Linzer Agentur kest verschenkt Bruckner-Brand

Damit möglichst viele Menschen das Logo zu sehen bekommen und die Stadt profitiert, darf es jeder verwenden.

07.04.2025 10:35
Redaktion
© kest/Martin Stöbich
Die kest-Geschäftsführer Christoph Kerschner und Walter Stromberger

Eine Marke, die man nicht schützen will, sondern mit offenen Armen in die Welt entlässt? Klingt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch zum Markenkern. Doch genau das ist die Idee hinter der „offenen Marke Bruckner“, entwickelt von der Linzer Agentur kest im Auftrag von Land Oberösterreich und LIVA. Das Jubiläumsjahr rund um Anton Bruckners 200. Geburtstag bot den Anlass – die Botschaft: Bruckner gehört allen. Auch als Marke.

Kampagne und Eigenwerbung

Die beiden kest-Geschäftsführer Christoph Kerschner und Walter Stromberger inszenieren das Projekt als bewusstes Loslassen von Kontrolle. Statt CI-Manuals und Nutzungsrichtlinien wurde ein visuelles Paket (Logo, Farben, Typo) zur freien Verfügung gestellt. Die Marke sollte sich „frei entfalten“, von der Bevölkerung getragen werden, ohne Lizenz, ohne Freigabeprozess.

Diese Haltung widerspricht dem typischen Geschäftsmodell einer Werbeagentur, die es normalerweise darauf anlegt, Marken zu entwerfen, Werbemittel zu gestalten und Lizenzeinnahmen zu lukrieren.

Wem nützt ein Markenlogo?

Die Praxis zeigt: Ganz ohne Steuerung bleibt selbst eine offene Marke nicht in Bewegung. Denn: Die breite Bevölkerung hat weder das Bedürfnis noch die Mittel, ein Kultur-Logo in Eigenregie zu verwerten. Tatsächlich kommt die kreative Nutzung – wie zu erwarten – aus organisierten Strukturen: Kultureinrichtungen (Konzerthäuser, Museen, Musikvereine), die ihre Veranstaltungen 2024 ins Bruckner-Jubiläum eingebettet haben, nutzen das Logo zur Kontextualisierung. Tourismus- und Stadtmarketing setzen auf Wiedererkennbarkeit entlang der Kulturkampagne. Schulen, Blasmusikvereine, Laienorchester verwenden das Logo für Plakate, Programme oder T-Shirts.

kest-Geschäftsführer Christoph Kerschner und Walter Stromberger
Die Idee hinter der „offenen Marke Bruckner“ stammt von den kest-Geschäftsführern. | © kest/Martin Stöbich

Ein Geschenk mit Bedingungen

Rein rechtlich sollte man sich nicht verführen lassen, das “Geschenk” ohne Bedacht anzunehmen: Auch eine offene Marke ist kein herrenloses Gut. Urheberrechte sind nicht übertragbar, auch nicht durch großherzige Gesten. Die kest-Agentur bleibt Inhaberin der Rechte, die Nutzung basiert auf Duldung – nicht auf formaler Lizenzierung à la Creative Commons. Eine Rücknahme der Freiheit wäre theoretisch jederzeit möglich.

Gleichzeitig wird niemand ernsthaft befürchten, dass das Bruckner-Logo plötzlich auf Bierdosen oder in parteipolitischen Kampagnen auftaucht – und falls doch, hätte die Agentur rechtliche Handhabe.

Marke als Haltung – oder als Marketing?

Die offene Marke „Bruckner“ ist ein verspielter Bruch mit Konventionen, der für Medieninsider und Marketingprofis durchaus Sinn ergibt. Der Doppelkopf-Bruckner – gleichzeitig nach vorn und zurück blickend – ist nicht nur Symbol der Vielschichtigkeit des Komponisten, sondern auch der Ambivalenz der Idee selbst: zwischen Community und Kontrolle, zwischen Kulturverständnis und Kommunikationsleistung.

(PA/red)

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