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Reizflut: Zwischen FOMO und Medienmüdigkeit

Zwischen ständiger Online-Präsenz und selektivem Rückzug entsteht eine Fragmentierung des gesellschaftlichen Diskurses.

22.12.2025 8:37
red04
© Adobe Stock
FOMO und Medienmüdigkeit verstärken sich gegenseitig.

Die digitale Welt kennt keine Pausen. Smartphones, soziale Medien und kontinuierliche Nachrichtenströme erzeugen bei vielen Menschen einen paradoxen Zustand: Einerseits die Angst, etwas zu verpassen – das Phänomen FOMO („Fear of Missing Out“) –, andererseits die Überforderung durch die permanente Informationsflut, die zu Medienmüdigkeit führt. Zwischen diesen beiden Extremen bewegen sich Millionen Nutzer, und die Konsequenzen reichen weit über das Individuum hinaus. Die Gesellschaft spürt die Auswirkungen in Form von politischer Passivität, sozialer Fragmentierung und einem schwindenden öffentlichen Diskurs.

FOMO: Die Angst, abgehängt zu werden

FOMO beschreibt den Druck, stets informiert und auf dem neuesten Stand zu sein. Wer sich diesem Druck aussetzt, konsumiert Nachrichten, Social-Media-Posts und Streams oft zwanghaft. Die permanente Aufmerksamkeit auf digitale Inhalte soll Sicherheit geben, führt jedoch häufig zu Stress, Schlafstörungen und emotionaler Erschöpfung. Auf gesellschaftlicher Ebene zeigt sich FOMO darin, dass Menschen sich an Trends und Diskursen orientieren, auch wenn sie die Inhalte nicht kritisch hinterfragen. Das verstärkt oberflächliche Diskussionen und macht die öffentliche Debatte anfälliger für Vereinfachungen und Polarisierung.

Medienmüdigkeit: Rückzug aus der Informationsflut

Als Gegenbewegung zu FOMO entwickelt sich bei vielen Nutzern Medienmüdigkeit. Sie entsteht, wenn die Informationsmenge das Verarbeitungsvermögen übersteigt. Menschen ziehen sich zurück, meiden Nachrichten oder konsumieren Inhalte nur noch selektiv. Gesellschaftlich betrachtet bedeutet dies eine Fragmentierung des Diskurses: Wer überfordert ist, beteiligt sich weniger an politischen Diskussionen, Vereinsleben oder Initiativen. Medienmüdigkeit kann somit die demokratische Teilhabe und den sozialen Zusammenhalt erheblich beeinträchtigen.

Der gesellschaftliche Teufelskreis

FOMO und Medienmüdigkeit verstärken sich gegenseitig. Die Angst, etwas zu verpassen, treibt viele dazu, permanent online zu sein. Die daraus resultierende Überforderung wiederum führt zu Rückzug, selektiver Wahrnehmung und Filterblasen. Die Gesellschaft erlebt so eine Art digitale Segregation: Gruppen nehmen nur noch die Informationen wahr, die ihre eigenen Überzeugungen bestätigen. Der gemeinsame Diskurs schrumpft, Polarisierung nimmt zu, und die Konfliktfähigkeit in der Öffentlichkeit sinkt.

Den Umgang finden

Zwischen FOMO und Medienmüdigkeit bewegt sich eine Gesellschaft, die gleichzeitig überinformiert und überfordert ist. Es zeigt sich, dass permanente Erreichbarkeit und Informationsdruck nicht nur individuelle Belastung erzeugen, sondern das kollektive Gespräch über politische und gesellschaftliche Fragen erschweren können. Gleichzeitig lassen sich in dieser Situation Ansätze erkennen, die Orientierung und Ausgleich bieten könnten: etwa transparente Informationsangebote, bewusst gestaltete Medienräume oder der Versuch, unterschiedliche Perspektiven wahrzunehmen. Ob und wie diese Ansätze greifen, bleibt offen, doch sie werfen ein Licht auf die Möglichkeiten, wie die Gesellschaft mit der Spannung zwischen Überinformation und Rückzug umgehen könnte.

(red)

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