70 Jahre Zeiler: Gewichtige Stimme im TV-Geschäft
Als Präsident von Warner Bros. Discovery zählt Gerhard Zeiler weiterhin zu den einflussreichsten Medienmanagern.

Gerhard Zeiler gilt als Österreichs einflussreichster Medienmanager im internationalen Umfeld. Anlässlich seines 70. Geburtstags widmet die APA dem ehemaligen ORF- und RTL-Chef ein Porträt. Als President International bei Warner Bros. Discovery verantwortet Zeiler globale Marken wie Warner Brothers, HBO, CNN und Discovery in mehr als 220 Märkten. Der frühere Spitzenmanager, der mehrfach als möglicher SPÖ-Vorsitzender genannt wurde, feiert am Sonntag seinen runden Geburtstag.
Ein ruhiger Lebensstil ist ihm fremd. Zwei Wochen pro Monat ist Zeiler in den USA – überwiegend in New York –, weitere Tage verbringt er in London oder dort, wo er gerade gebraucht wird. Für Entspannung sorgt das Wochenende in Salzburg, das er als „Erholung pur“ beschreibt. Großes Fernsehen sei für ihn „Emotion pur“. Im Zentrum des Erfolgs stehe die Qualität der Geschichten. Als Highlights nennt er Serien wie „House of the Dragon“ oder „The Last of Us“. Mit der geplanten Serienadaption der Harry-Potter-Bücher steht ein weiteres Prestigeprojekt bevor. Zeiler sieht darin einen potenziellen Anreiz für neue Abonnements von HBO Max.
Wenige Plätze am globalen Streamingtisch
Die Zahl global erfolgreicher Streamingdienste werde sich reduzieren, prognostiziert Zeiler – vier bis fünf Anbieter dürften langfristig bestehen. Neben Netflix, Amazon Prime und Disney+ will auch Warner Bros. Discovery dazugehören. Mit einem laufenden Vertrag bis 2028 sieht Zeiler sich dafür gut aufgestellt. Er empfindet seine Arbeit als bereichernd und plant keinen Rückzug. Die Umstellung vom linearen Fernsehen auf digitales Streaming treibt er weiter voran – „so schnell wie möglich, so langsam wie notwendig“.
Zeiler wurde am 20. Juli 1955 in Wien-Ottakring geboren – gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder. Nach der Matura begann er ein Studium unter anderem der Psychologie an der Universität Wien, das er später abbrach. Über die Sozialistische Jugend gelangte er zum SPÖ-Pressedienst und wurde 1979 Pressesprecher im Kabinett von Fred Sinowatz, wo er bis zu dessen Rückzug blieb. Auch Sinowatz’ Nachfolger Franz Vranitzky stand er kurzzeitig als Sprecher zur Seite, bevor er 1986 zum ORF wechselte.
Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk übernahm Zeiler unter Generalintendant Teddy Podgorski zentrale Verwaltungs- und Kommunikationsagenden. Den Wunsch, diese Funktion auch unter Gerd Bacher fortzusetzen, konnte er nicht realisieren. Zeiler verließ daraufhin Österreich und arbeitete für deutsche Privatsender wie Tele 5 und RTL II – mit dem Ziel, eines Tages die ORF-Führung zu übernehmen.
ORF unter Generalintendant Zeiler
1994 wurde Zeiler tatsächlich ORF-Generalintendant – unterstützt von der SPÖ. Er führte umfassende Reformen durch: ORF 1 und ORF 2 wurden neu positioniert, ein 24-Stunden-Sendebetrieb etabliert, Formate wie „Am Schauplatz“, „Thema“ oder „Willkommen Österreich“ eingeführt. Auch Ö3 wurde neu ausgerichtet, FM4 ging auf Sendung. Die Reformen brachten hohe Reichweiten, aber auch Kritik: Zeiler wurde Boulevardisierung und Kommerzialisierung vorgeworfen.
1998 wechselte Zeiler nach Deutschland zu RTL. Dort setzte er eine vergleichbare Programmstrategie um und führte den Sender zur Marktführerschaft. Als CEO der RTL Group erzielte er jährlich Rekordgewinne, stieg in den Bertelsmann-Vorstand auf und wurde 2010 als erster Nichtamerikaner von der US-Vereinigung NATPE zum TV-Manager des Jahres gekürt.
Doch keine Rückkehr zum ORF
2011 prüfte Zeiler eine Rückkehr an die ORF-Spitze. Unterstützung schien möglich – auch aus ÖVP- und FPÖ-nahen Kreisen. Letztlich zog er seine Bewerbung zurück, weil politische Einflussnahme dominierte. Die Entscheidung über die ORF-Führung habe weniger mit Kompetenz als mit parteipolitischer Verwertbarkeit zu tun, erklärte Zeiler später.
2012 beendete er seine Tätigkeit bei RTL und wechselte zur Time-Warner-Tochter Turner, wo er die internationalen Aktivitäten auf drei Kontinenten übernahm. Zum Abschied bei RTL wurde Zeiler vom damaligen luxemburgischen Premier Jean-Claude Juncker mit dem höchsten Orden des Landes geehrt.
Der Kontakt zur SPÖ blieb über die Jahre bestehen. 2016 war Zeiler als Parteivorsitzender im Gespräch, trat aber nicht an, da er eine Kampfkandidatur vermeiden wollte. In seinem 2019 erschienenen Buch „Leidenschaftlich Rot“ bekräftigte er die Bedeutung der Sozialdemokratie und skizzierte Zukunftsperspektiven für die Partei.
Weitere Schritte auf der Karriereleiter
Zeiler wurde anschließend globaler Vertriebschef von WarnerMedia und 2022 schließlich President International bei Warner Bros. Discovery – seine heutige Führungsfunktion. Auch in Österreich meldet er sich seither regelmäßig zu Wort. So sprach er sich bei den Österreichischen Medientagen 2022 für eine Haushaltsabgabe zur Finanzierung des ORF aus – und behielt mit seiner Prognose Recht.
(APA/red)