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Design, Debatte, Demner: Das neue ÖFB-Logo

Der Österreichische Fußballbund präsentierte ein neues Logo. Doch das Design löst teils Kopfschütteln aus.

23.10.2025 12:18
Redaktion
© DMB
Spielerkabinen am neuen ÖFB-Campus in Wien-Floridsdorf (Visualisierung)

Der Österreichische Fußballbund (ÖFB) hat ein neues Logo – und damit eine Debatte entfacht, die weit über Designfragen hinausreicht. Was als moderner Auftritt gedacht war, entwickelte sich binnen Stunden zum meistdiskutierten Markenrelaunch des Jahres.

Entworfen wurde das neue Zeichen von der Wiener Agentur Demner, Merlicek & Bergmann (DMB) in Zusammenarbeit mit FLY’, der Creative Consultancy der Demner.Group. Es zeigt drei stilisierte Elemente: links ein rotes Oval, in der Mitte rot-weiß-rote Balken mit den Ziffern 1904, rechts eine Form, die an ein abstrahiertes „B“ erinnert. Das Ziel laut ÖFB: Tradition und Zukunft, Emotion und Klarheit zu verbinden.

Gleichzeitig markiert das Logo den Umzug in den neuen ÖFB-Campus in Wien-Floridsdorf – ein Prestigeprojekt, das laut Verband den Beginn „eines neuen Kapitels“ darstellt.

Ein Symbol für Aufbruch

„Mit unserem neuen Logo setzen wir als ÖFB ein deutliches Zeichen für Zusammenhalt, Aufbruch und Zukunft“, erklärte Aufsichtsratsvorsitzender Josef Pröll bei der Präsentation. Das neue Erscheinungsbild solle zeigen, dass Fußball in Österreich „weit mehr ist als ein Sport“, sondern Ausdruck von Gemeinschaft, Engagement und Begeisterung – „vom Nachwuchs über 2000 Vereine bis zu den Nationalteams“. Doch nicht alle teilen die Euphorie.

Der Fußballfunktionär, früher Finanzminister, Vizekanzler und langjähriger Spitzenmanager, spricht zwar von einem „erfolgreichen Prozess“, sagt aber zugleich, dass man das Logo „im Zusammenhang mit dem Gesamtauftritt“ sehen müsse. „Ich habe noch nie eine Logoentwicklung gesehen, bei der so viel so günstig geboten wurde wie von Demner“, sagt er gegenüber ExtraDienst. Der Gesamtaufwand habe sich auf rund 30.000 Euro belaufen, das Projekt sei über ein Jahr gelaufen und durch Filme und Kampagnen ergänzt worden. Pröll betont, Demner habe „erfolgreiche Arbeit geleistet“.

Die Sicht der Markenexperten

Markenstratege Michael Brandtner, seit fast drei Jahrzehnten Berater für strategische Markenpositionierung und Mitglied im internationalen Netzwerk von Al Ries, sieht im neuen ÖFB-Logo ein klassisches Beispiel für konzeptionelle Überfrachtung:

„Starke Marken besitzen ein klares, lesbares Wortlogo und ein einfaches, verstärkendes Bildzeichen. Dieses neue ÖFB-Logo ist für ein Wortlogo zu abstrakt und für ein Bildlogo zu komplex. Ich befürchte, man wollte zu viel in ein einziges Zeichen packen.“

Brandtner verweist auf Erfolgsprinzipien ikonischer Marken wie Nike oder McDonald’s – Einfachheit und Wiedererkennbarkeit. „Hybridlösungen funktionieren selten“, sagt er. „Sie sind weder Fisch noch Fleisch.“

„Ein Logo muss sich selbst erklären“

PR-Experte Peter Aigner, seit mehr als 30 Jahren in der Kommunikationsbranche tätig, fällt ein noch schärferes Urteil:

„Ich bin kein Grafiker, aber ein gutes Logo muss sich selbst erklären. Wenn man lange rätseln muss, was es darstellen soll, hat es sein Ziel verfehlt.“

In seiner Community habe es „fast ausschließlich negative Rückmeldungen“ gegeben. Viele hätten das Zeichen ohne Erklärung gar nicht mit dem ÖFB in Verbindung gebracht. „Einige hielten es für asiatische Schriftzeichen, andere für Zahlenkombinationen“, erzählt Aigner.

Für ihn zeigt der Fall vor allem eines: „Gute Kommunikation entsteht aus Klarheit, nicht aus Codes. Man verwechselt zunehmend Komplexität mit Kreativität.“

Fußball sucht Formensprache

Der ÖFB verknüpft das neue Logo mit einem größeren Zukunftsprojekt. Gemeinsam mit der Bundesliga und den Landesverbänden wurde ein umfassender Strategieprozess gestartet, der Themen wie Digitalisierung, Infrastruktur, Breitenfußball und gesellschaftliche Verantwortung umfasst. Das Leitmotiv lautet: „A Team für alle“.

Das neue Emblem ist dabei nur die sichtbare Spitze eines übergeordneten Programms, das den Verband als moderne, gemeinschaftsorientierte Institution positionieren soll. Auch ein von Walter Werzowa komponierter Soundtrack und ein Manifest-Film von PPM begleiten den neuen Auftritt, der im Zuge der November-Länderspiele vorgestellt wird.

Das neue ÖFB-Logo polarisiert

Zwischen Traditionsbewusstsein und internationalem Designanspruch bleibt oft ein schmaler Grat. Während der Verband Modernität demonstrieren wollte, fühlen sich manche Fans in ihrer Identifikation gestört.

Ob das neue Logo langfristig Akzeptanz findet, hängt weniger von seiner grafischen Form als von seiner emotionalen Aufladung ab. Wenn Österreichs Nationalteams künftig Erfolge feiern, wird auch das Zeichen auf den Dressen mit Stolz getragen werden. Bis dahin ist es ein Lehrbeispiel dafür, wie sensibel Markenkommunikation im nationalen Kontext bleibt – besonders, wenn Fußball im Spiel ist.

Das neue ÖFB-Logo auf einem Schal – demnächst im Fanshop erhältlich

Oder, wie es ExtraDienst-Herausgeber Christian W. Mucha in seinem Leitartikel pointiert formuliert: Das Logo mag modern gedacht sein, doch es weckt mehr Fragen als Begeisterung. „Wer es betrachtet, muss erst raten, was es darstellen soll – und das sollte bei einem Symbol für den Fußball nicht passieren.“

Zwischen Anspruch und Wahrnehmung liegt im Branding oft nur eine feine Linie – und genau dort entscheidet sich, ob ein Logo Geschichte schreibt oder einfach nur Gesprächsstoff liefert.

(red)

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