Erster Rückblick zum Start von SPÖ eins
Viel Anspruch, wenig Publikum: Der neue Parteisender SPÖ eins sucht noch seine Zuschauer.
Mit SPÖ eins hat die Sozialdemokratie am 26. Oktober 2025, dem österreichischen Nationalfeiertag, einen neuen Versuch gestartet, ihr politisches Profil im digitalen Raum zu schärfen. Der Kanal wurde offiziell mit einem „Wochenrückblick“ eröffnet, live aus dem Parlament und moderiert von Anna Ernst. Schon einige Tage zuvor hatte Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim in einem Ankündigungsvideo den Zweck erklärt: Politik müsse auch dort stattfinden, „wo Menschen zu Hause sind – im digitalen Raum“. Der Schritt sei überfällig, da man das Internet „zu lange den Rechten und Hetzern überlassen“ habe.
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Die Premiere sollte Sichtbarkeit schaffen – ein parteieigenes Bewegtbildformat, das Information, Einordnung und Mobilisierung zugleich leisten will. Doch die Resonanz blieb zunächst überschaubar: wenige Dutzend Live-Zuseher während der Übertragung, rund 2.800 Aufrufe am Folgetag.
Was SPÖ eins sein will
In seinem Video beschreibt Seltenheim das Projekt als „Antwort auf rechte Hetze im Netz“. SPÖ eins sei keine Echokammer, kein Ersatz für etablierte Medien, sondern eine Ergänzung. Ziel sei es, „faktenbasiert und sozialdemokratisch“ zu informieren, Austausch zu ermöglichen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
Das Selbstverständnis ist also doppelt kodiert: einerseits als parteipolitisches Gegenangebot zur rechten Onlinekommunikation, andererseits als Versuch, über Parteigrenzen hinaus „Dialogfähigkeit“ zu demonstrieren. Die redaktionelle Kontrolle bleibt dabei aber klar parteiintern – im Impressum ist die Bundesorganisation der SPÖ als Medieninhaber ausgewiesen.
Der erste Wochenrückblick
Zum Auftakt wählte man eine Mischung aus aktuellen Wirtschaftsthemen und sozialpolitischen Positionen. Die Sendung eröffnete mit dem Satz: „Wir ordnen sozialdemokratisch ein und klären auf.“ Inhaltlich dominierten zwei Themenfelder: Bankengewinne und leistbares Wohnen. Während Moderatorin Anna Ernst über „Rekordgewinne auf Kosten der Menschen“ sprach, wurde an mehreren Stellen die Forderung nach einer dauerhaften Bankenabgabe wiederholt – ein Motiv, das aus der jüngsten Wahlkampfkommunikation bekannt ist.
Dazwischen schaltete die Redaktion Straßeninterviews und Statements von SPÖ-Klubobmann Philip Kucher und Parteichef Andreas Babler ein. Babler nutzte den Auftritt, um den Mietpreisstopp und den „SPÖ-Mietpreischeck“ als konkrete Maßnahmen hervorzuheben. Formal lehnt sich das Format an klassische Nachrichtensendungen an, inhaltlich bleibt es jedoch eine parteigeführte Erzählung – mit klarer Perspektive, aber wenig Gegengewicht.
Einordnung des Inhalts
Der Wochenrückblick verdeutlicht, welche kommunikative Richtung die SPÖ mit SPÖ eins einschlägt: einfache Themenstruktur, klare Gegnerbilder, wiederkehrende Kernbotschaften. Die Banken fungieren als Symbol für Ungerechtigkeit, das Wohnen als politisches Handlungsfeld der Gerechtigkeit.
Die Sendung zeigt damit, wie stark parteipolitische Kommunikation heute journalistische Formen übernimmt, ohne journalistische Prinzipien – etwa Ausgewogenheit oder Quellenvielfalt – anzuwenden. Gleichzeitig verweist sie auf eine Entwicklung, die alle Parteien betrifft: den wachsenden Wunsch nach unmittelbarer Kontrolle über die eigene Erzählung.
So reagierten die Medien
Die Reaktionen in den etablierten Medien fielen weitgehend kritisch aus – nicht wegen der Inhalte allein, sondern wegen des Prinzips.
Die Presse titelte „Babler-TV: Die SPÖ auf Kickls Spuren“ und sah in SPÖ eins einen Versuch, parteiinterne Kommunikation auf das Niveau einer eigenen Sendeanstalt zu heben. Medienberater warnten dort vor einer „Gratwanderung zwischen Information und Propaganda“ und stellten infrage, ob ein Parteikanal „demokratiepolitisch unbedenklich“ sei.
Der Kurier analysierte das Projekt als „strategische Antwort auf FPÖ-TV“, betonte aber, dass die Sozialdemokratie damit ein Terrain betrete, das bislang von den Freiheitlichen dominiert werde. Auch hier wurde auf die Gefahr hingewiesen, journalistische Filter zu umgehen und Inhalte ausschließlich in Eigenregie zu inszenieren.
News.at ordnete den Start in einen größeren Zusammenhang ein: In einer Medienlandschaft, die mit Sparprogrammen und Vertrauensverlust kämpfe, seien Parteikanäle „Symptome eines Rückzugs ins Eigene“. Wer selbst sendet, müsse sich fragen lassen, ob er damit Journalismus ersetzt.
Heute thematisierte vor allem die fehlende Transparenz bei der Finanzierung. Insider sprachen von Produktionskosten im hohen sechsstelligen Bereich. oe24.at wiederum hob die geringe Live-Reichweite hervor – „nur 74 Zuseher bei der Premiere“ – und kommentierte süffisant, dass der digitale Auftritt „noch nicht ganz auf Sendungshöhe“ sei.
Ein medienübergreifendes Echo ergibt sich daraus nicht. Wohl aber eine Linie: SPÖ eins wird beobachtet – mit Skepsis, aber auch mit Neugier auf die Wirkung.
Wohin geht die Reise?
Mit SPÖ eins wagt die SPÖ einen Schritt, den bislang nur wenige Parteien in dieser Form gegangen sind. Das Format bewegt sich zwischen politischem Informationskanal und Eigenwerbung, zwischen professionellem Journalismus und parteilicher PR.
Ob das Projekt langfristig Resonanz findet, hängt von seiner Glaubwürdigkeit ab. Denn der erste Auftritt zeigte vor allem eines: Die Sozialdemokratie – wie sich die Sozialistische Partei gern nennt – sucht nicht nur neue Wähler, sondern auch neue Formen von Öffentlichkeit im medialen Raum. Das Vorbild ist offenbar FPÖ TV.
Daher gibt es auch böse Stimmen – natürlich aus dem Eck der politischen Konkurrenz kommend: SPÖ eins sei weniger Sender als Selbstporträtprojekt seines Initiators Andreas Babler. Der Parteichef nutze das Format, um sich jene Medienpräsenz zu verschaffen, die ihm klassische Medien nicht gewähren. Sein Projekt diene weniger der Parteiarbeit als dem persönlichen Markenaufbau – als „Wohnminister“ und sozialer Robin Hood, der sich so in der Rolle des Parteichefs einzementieren möchte.
(red)