Genossenschaftsmodelle als Beitrag zur Mediendebatte
Zwei aktuelle Expertenkommentare zur Medienkrise stellen gemeinschaftliche Modelle zur Diskussion.
Das österreichische Mediensystem befindet sich in der Krise. Werbeerlöse wandern ab, journalistische Arbeitsplätze werden abgebaut. „Die Dramatik ist nicht zu übertreiben“, sagte Medienexperte Hendrik Theine. Man stehe an einem „Kipppunkt“. Um gegenzusteuern, brauche es „echten Wandel“, der auch vor den Geschäftsmodellen der Medienhäuser nicht haltmachen dürfe. Als mögliche Antwort nennt er die völlige Auflösung der Inseratenpolitik und einen Public-Trust-Fund, der unabhängig über Mittelvergabe entscheidet.
Auch ein weiterer Kenner und Kommentator der Medienbranche sieht die Zeit für konkrete Ideen gekommen: Fritz Hausjell. Um Medienvielfalt wiederherzustellen, nennt er gemeinschaftliche Plattformmodelle, deren Erträge genossenschaftlich verteilt werden könnten.
Zwei Stimmen – ein gemeinsamer Zielpunkt
Obwohl beide Experten unterschiedliche Schwerpunkte setzen, laufen ihre Einschätzungen bemerkenswert harmonisch auf ein gemeinsames organisatorisches Ideal hinaus: dem genossenschaftlichen Modell als Lösungsrahmen für die Medienzukunft.
Das „privatwirtschaftliche Geschäftsmodell“
Die zugrunde liegende Diagnose folgt einem klaren Muster: Wenn die Krise als strukturelle Schwäche der privatwirtschaftlichen Medienökonomie beschrieben wird, öffnet das den Raum für Alternativen mit gemeinschaftlichen oder öffentlich-nahen Elementen.
Das Motiv dahinter: Nicht der Markt hat versagt, sondern das Modell müsse grundsätzlich neu gedacht werden.
Die Genossenschaft als wiederkehrendes Motiv
Hier setzen beide Stimmen an – mit unterschiedlichen Worten, aber identischem Kern.
- Hausjell spricht explizit von genossenschaftlich organisierten Firmen.
- Theine skizziert Fondsmodelle und kollektive Entscheidungslogiken.
Beide Varianten zielen auf denselben Punkt: Entscheidung und Finanzierung sollen gemeinschaftlich organisiert werden, nicht mehr primär privatwirtschaftlich.
Der Hinweis auf politische Reformpläne verortet diese gemeinschaftlichen Modelle in einem Umfeld, in dem gemeinwohlorientierte Strukturen traditionell stärkeres Gewicht haben. Die vorgeschlagene Organisationsform wird in ein politisches Terrain eingezeichnet, das ihr günstiger erscheint als klassische Marktlogik.
Neuaufstellung der Medienförderung angekündigt
Medienminister Andreas Babler (SPÖ) hatte eine Neuaufstellung der Medienförderung angekündigt, wobei er zuletzt eine wissenschaftliche Analyse in Auftrag gegeben hat. Sie soll die Förderstrukturen prüfen und Vorschläge für eine Neuausrichtung vorlegen, wobei journalistische Qualität gestärkt, aber auch eingefordert werden solle. Ergebnisse werden für Anfang 2026 erwartet.
Ein Modell, das vertraut wirkt
Die Diskussion über Medienzukunft, Vielfalt und Finanzierung ist nicht frei von ideologischen Linien. Genossenschaftliche Modelle haben darin zweifellos ihren Platz. Sie haben in der Branche über Jahrzehnte tragfähige journalistische Rahmenbedingungen geschaffen. Es ist kein exotischer Vorschlag, sondern ein System, das dort funktioniert, wo kooperative Verantwortung und gemeinschaftliche Finanzierung aufeinander treffen – und nun stärker in den Mittelpunkt rückt.
(APA/red)
